"Bittersweet Symphony"Kapitel 20 – "My Friend Santa" Am nächsten Morgen erwachte Alex ungewöhnlich gut gelaunt.
Er war wieder da! Josef hatte dich nicht vergessen, trällerte eine Stimme immerzu in seinem Kopf. Beth hatte ihn gefunden. Seinen besten und so vermissten Freund. Unglaublich wie lange der Engel die Neuigkeit schon vor ihm geheim gehalten hatte, aus Angst er wüsste nicht wie er damit umgehen sollte. Dafür gab es einen guten Grund. Josef war ein Vampir. Ein Vampir! Alex konnte noch immer nicht sagen, was er davon halten sollte.
Zunächst hatte er ihr kein Wort davon geglaubt, aber umso länger er darüber nachgedacht hatte, desto eindeutiger und logischer wurde diese Aussage. Nachdem er mit Hilfe von ein paar Gläsern Whiskey, die schwer zu verdauende Nachricht geschluckt hatte, war er alle Details akribisch durchgegangen. Josef mochte kein Sonnenlicht. Er alterte nicht. Er war sogar ungewöhnlich blass und schien nie etwas zu essen zu sich zu nehmen.
Ja, das schien plausibel, zwar auf eine völlig abgedrehte und überirdische Art und Weise, aber seit Alex Beth getroffen hatte, gab es das Wort ‚ unmöglich‘ praktisch gar nicht mehr. In der Welt in der er lebte, reichte der Verstand nicht aus, um erfassen zu können was zwischen Himmel und Erde verborgen lag.
Die Gedanken in seinem Kopf hatten angefangen Purzelbäume zu schlagen und der sehnsuchtsvolle Teil seines Herzens, hatte fieberhaft nach einem Weg gesucht seinen besten Freund wieder zu sehen. Vampir oder Mensch, Josef würde immer ein ganz besonderer Teil seiner Seele sein. Wie ein Bruder und Alex glaubte nicht, dass die Dunkle Seite in Josef mächtiger war, als das Gute.
Während er sich in seinen Gedanken immer weiter verstrickte, trat Beth hinter die Lehne des Stuhls auf dem ihr Schützling saß und schlang ihre Hände um die Lehne, so dass sie Alex umarmen konnte. „Guten Morgen“, flüsterte Beth lächelnd. Sie hopste aufgeregt um den Küchenstuhl herum, auf dem Alex vor einer dampfenden Tasse Kaffee saß. Ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund hauchend begann sie auch schon drauf los zu plappern „ Wir müssen heute unbedingt ins Harrods gehen!“
Ihre Augen strahlten mit der Sonne um die Wette, die ihr Licht durch dicke Winterwolken warf. Der Engel hatte einen Plan. In der Tageszeitung war zu lesen, dass ein gewisser Josef Konstantin, Sponsor der Renovierung des großen Einkaufzentrums, am heutigen Tage den Feierlichkeiten der Wiedereröffnung bewohnen würde. Wenn sie also die zwei Freunde zusammen bringen wollte, wäre heute die perfekte Gelegenheit dafür.
Alex hob fragend eine Braue „Müssen wir?“
Er zog Beth auf seinen Schoß, seit sie sich geküsst hatten, so richtig geküsst, konnte er gar nicht genug von seinem wundervollen Engel bekommen.
Sie nickte eifrig mit dem Kopf, so dass ihre blonden Locken wippten „Ja! Heute ist die große Wiedereröffnung des Harrods. In der Zeitung steht, der Weihnachtsmann kommt und beschenkt all die Kinder, deren Eltern sich keine Geschenke leisten können.“
Alex lachte. „Der Weihnachtsmann?“
Beth hibbelte auf seinem Schoß herum, ohne sich darüber bewusst zu sein, welche Erinnerungen das in ihm wach rief. Alex biss sich nervös auf die Lippen, versuchte nicht an DIE Nacht zu denken. Nicht daran denken wie gut sie sich angefühlt hat. DENK an was anderes! Der verführerische Engel nahm sein Gesicht in die schmalen Hände und blickte ihm tief in die Augen „Quatsch. Einen echten Weihnachtsmann gibt’s doch gar nicht du Dummi!“ Ihr Zeigefinger stupste seine Nase, noch immer lächelte sie ihn warm an. Alex strich ihr eine seidige goldene Locke aus der Stirn. „Ach nein? Engel und Vampire gibt es doch auch. Vielleicht gibt es ja dann auch Weihnachtsmänner. Woher willst du das denn wissen?“ Aus seinem Mund klang dieser Satz irgendwie paradox. Geradezu absurd. Vor Beth Begegnung hätte er jeden der so etwas von sich gab nur höhnisch verspottet. Doch jetzt… jetzt war alles anders. Nichts gab es, das es nicht gab.
„Hmmh… und du möchtest also heute unbedingt in die Shopping Mall gehen mein Engelchen?“ Sie wurde verlegen, ihre Wangen begannen zu Glühen. Mein Engelchen. So hatte er sie noch nie genannt. Überhaupt schien der sonst so mürrische, Pessimist viel fröhlicher und ausgeglichener zu sein.
Plötzlich spürte Beth wieder dieses leichte Ziehen von Oben, als würde der Himmel versuchen ihr mitzuteilen, dass sie auf dem besten Wege war, ihren Auftrag zu erfüllen.
Dass Alex immer glücklicher wurde, war nicht mehr zu übersehen. Eigentlich eine gute Sache… EIGENTLICH…
Ihren Blick wieder zu ihrem Schützling wendend sagte sie mit dem bittenden Unterton eines kleinen Mädchens in ihrem zarten Stimmchen „Ja. Das wäre sehr schön. Wir könnten dann auch gleich nach Weihnachtsgeschenken Ausschau halten. Och bitte, bitte Alex, ich liebe Weihnachtsshopping.“
Der Angesprochene schmolz sichtlich dahin, unter ihren glänzenden großen Augen mit dem treuen Hundeblick. Er küsste ihre Stirn und schob sie sachte von seinem Schoß, die Füße auf dem Küchenboden absetzend.
„Wenn du dir das so sehr wünscht, dann werde ich dir diesen Wunsch nicht abschlagen.“
Sie strahlte übers ganze Gesicht „ Oh! Oh toll! Danke! Ich mach mich schnell noch fertig!“
Wie ein junges Reh sprang sie in der Küche auf und ab, hopste ins Bad um sich frische Sachen anzuziehen. Das war ja gar nicht so schwer wie sie es sich vorgestellt hatte.
Was Beth Alex verschwieg, war, dass sie ihn bloß unter einem Vorwand, dort einkaufen zu gehen ins Harrods lockte. Der wahre Grund weshalb sie in das Kaufhaus wollte, war Josef.
Er war dieser Weihnachtsmann, der die Kinder mit Geschenken bescheren würde.
Heute war der Tag, an dem sich die beiden Freunde endlich wieder sehen würden.
Im Harrods herrschte geschäftiges Treiben. Kinder aus der ganzen Stadt schienen sich in der Spielwarenabteilung des populären Kaufhauses zu tummeln. Ein riesiger Haufen von lärmenden, kichernden Bälgern, die nur auf eines warteten: Den Mann in dem roten Mantel und dem lächerlichen Rauschebart.
Josef warf seinem Spiegelbild einen ironischen Blick zu „Welch ein Desaster! Ein Vampir in einem Weihnachtsmannkostüm.“
Na wartet ab Jungs, das werde ich euch noch heimzahlen.Er rückte die rote Mütze mit dem weißen Bommel auf seinem Kopf zurecht unter der seine sorgsam gestylten kurzen Haare zerdrückt wurden und seufzte.
Der verkleidete Vampir blickte noch einmal durch die samtigen Vorhänge zu dem festlich geschmückte Podest, auf dem er gleich den Preis für seine Selbstüberschätzung zahlen musste: Drei Stunden lang schlecht vorgetragene Weihnachtsgedichte!
Dass er hier stand und einen Sack mit Weihnachtspäckchen über seine Schultern hievte, hatte er allein sich zu verdanken. Vielmehr seiner großen Klappe. Beim letzten Pokerabend hatte er aus einer Trinklaune heraus ganz feierlich verkündet, er würde in einem Weihnachtsmann Kostüm Kindern ihre Gaben bringen, wenn er dieses Spiel verlieren würde. Tja! So ein Pech aber auch.
Josef zupfte ein letztes Mal an dem albernen Bart und stapfte dann ganz ‚Weihnachtsmann-like‘ und für einen Unsterblichen viel zu ungalant durch die sich teilende Menge von Menschen, die ihn begafften wie die größte Attraktion in einem Zirkus.
Auf einem nicht sonderlich bequemen Polstersessel nahm er Platz und versuchte dem furchtbar schmerzhaftem Lärm von Kinderstimmen ein Ende zu bereiten- der seine empfindsamen Ohren malträtierte- indem er seiner Stimme einen dunklen Klang gab. „ Ho ho ho! Hallo liebe Kinder. Der Weihnachtsmann bittet um Ruhe.“
Innerlich rollte er mit den Augen. Das war nicht ganz der Spruch der ihm auf der Zunge gelegen hatte, aber ein ‘So jetzt haltet endlich die Klappe oder reiße euch die kleinen Kehlen auf und trinke euer süßes Blut‘, wäre wohl nicht so gut gekommen. War außerdem auch gar nicht sein Stiel. Viel zu brutal. Die Teergrube hätte es eher getroffen…
Josef stieß ein erleichtertes „ Na geht doch.“, aus, als der Lärm verstummte und ihn etwa 100 große Kinderaugen ehrfürchtig anstarrten.
Ah so ist es besser.
Zu den nächsten Worten musste er sich regelrecht zwingen, und ihm wurde allein bei dem Gedanken daran übel. „Wer mag denn als erstes auf meinen Schoß kommen und mir sagen, was er sich zu Weihnachten wünscht?“
‚Ich, Ich, Ich!‘ grölten die Kinder im Chor.
Josef schüttelte den Kopf und erhob mahnend den Zeigefinger. „Na, na einer nach dem anderen. Jetzt hebt mal alle eure Patschehändchen, und dann kann Onkel Weihnachtsmann aussuchen.“ Wie schön, dass er diese perfekte ‚ ich verstecke mich hinter einer Sonnenscheinfassade‘ Masche so gut beherrschte, denn in Wahrheit gab es nichts was er mehr hasste, als den Alleinunterhalter für nervende Kinder zu spielen. Alleine bei dem Gedanken wurde ihm schlecht. Josefs Blick fiel auf ein schüchternes kleines Mädchen mit Pipi Langstrumpfzöpfchen und Sommersprossen.
Mit einem Lächeln winkte er die Kleine schließlich zu sich.
Zur gleichen Zeit zerrte Beth Alex durch den Eingang, hektisch nach der Spielwaren Abteilung suchend.
Ihr Schützling atmete keuchend, als ihm ein Schwall von Warmer Luft entgegenschlug.
„Ah! Da schau mal!“, quietschte Beth ganz aufgeregt, und deutete auf einen Haufen Kinder, die sich vor einem Stuhl versammelt hatten, eng aneinander gequetscht wie Sardinen in einer Büchse.
„ Lass uns dahin gehen!“, schlug sie drängend vor und zog Alex auch schon zu dem Tumult.
In der Letzten Reihe hinter den Kindern blieben sie stehen. Beth verfolgte lächelnd wie Josef einem kleinen Mädchen den Jutesack aufhielt und die Kinderhand nach einem Päckchen fischte.
Als sich das Kind, strahlend wie ein Honigkuchenpferd wieder zu seinem Platz durchrang, konnte der Engel die warmen braunen Augen des Weihnachtsmanns auf ihrem Gesicht spüren.
Josef zog unter der roten Mütze seine Augenbrauen hoch und nickte Beth leicht zu.
Dann traf sein Blick den ihres Schützlings und in seiner Brust bildete sich ein Knoten, der jedoch von einem warmen Gefühl aufgelöst wurde.
Alex. Zum ersten Mal nach langer Zeit sah er ihn.
Der Kloß in Josefs trockener Kehle wurde größer, während ihm ein Gedanke kam, der ihn leicht schmunzeln ließ.
Beth. Oh dieser kleine raffinierte Engel. Sie hatte das alles eingefädelt. Sie wollte unbedingt, dass wir uns wieder sehen.Beth wartete, bis die Kinder mit ihren Geschenken beschäftigt waren. Dann schob sie den irritierten Alex auf den Weihnachtsmann zu. „Hey Beth was soll denn das? Ich bin doch wirklich schon viel zu groß für so was“, hörte Josef die vertraute Stimme und sein Herz machte vor Freude über deren Klang einen Sprung.
Zwei warme schokoladenbraune Augen fixierten das fragende Gesicht des Mannes, den Josef als jungen Teenager kennen gelernt hatte. Nun war Alex ein Mann geworden und noch immer hatte der Vampir das Bedürfnis ihn zu schützen.
Er begann sich zu fragen, wie sein bester Freund wohl reagieren würde. Nachdem er einfach so ohne ein Wort dessen Leben verlassen hatte. Ob er ihm das noch immer übel nahm. Verstehen könnte er es alle Male.
„ Alex“, erklang es gerade so laut, dass jener es hören konnte. Mit einem Mal fürchtete der Vampir dieses Wiedersehen und wünschte, dass er doch einfach gegangen wäre. Aber hierzu war es eindeutig zu spät. Er nahm einen tiefen Atemzug, füllte seine Lungen damit, nur um ihn gleich wieder geräuschvoll auszustoßen.
„Josef?“ kam es zögerlich zurück und klang eher nach einer Frage als nach einer Feststellung. Alex musste wohl so wirken als fielen ihm gerade vor Staunen die Augen aus dem Kopf. War das unter diesen Bart und der roten Bommelmütze wirklich DER Josef, den er kannte? Ein Vampir in einem Weihnachtsmannkostüm?
Ging es noch absurder?
Für einen Moment starrte Alex den Mann vor sich an, als wäre er eine Erscheinung, ließ immer wieder prüfend seine Augen über das Weihnachtsmann Kostüm huschen.
Umso länger er ihn ansah, desto surrealer wurde es.
„Du bist der Weihnachtsmann?“ Die Mundwinkel hoben sich langsam zu einem Grinsen, dann entwich ihm ein belustigtes Glucksen. „Unglaublich!“
Josef antwortete mit einem theatralischen Seufzer, der die Innere Anspannung unter der er stand überspielte. „Wie du siehst“, sein Blick glitt an dem albernen Kostüm herunter, um die Mundwinkel spielte ein schwaches Lächeln.
Im nächsten Moment fiel Alex dem Weihnachtsmann einfach um den Hals, worauf dieser übertrieben nach Luft schnappte „ Okay… schon gut, erdrück mich nicht gleich.“
Ihm war nicht anzumerken, wie erleichtert, wie glücklich und gerührt er angesichts so viel Herzlichkeit war. Dass Alex so reagierte, nach allem was zwischen den beiden stand, damit hatte er weiß Gott nicht gerechnet.
Beth und ihr Schützling verbrachten den Nachmittag damit Josef bei seinem Job zu assistieren. Beth hatte keine Probleme den perfekten Weihnachtsengel zu spielen sie liebte es mit den kleinen niedlichen Mädchen und ihren Puppen zu spielen und Alex zeigte den kleinen Jungs wie man die geschenkten ferngesteuerten Autos geschickt durch die Füße der Einkäufer steuerte ohne diese dabei zu rammen. Als die ersten Kinder an der Hand ihrer Eltern, deren Arme mit Geschenken beladen waren das Einkaufcenter verließen, kehrte langsam Ruhe ein. Josef stand von dem Podest auf und zog sich die Weihnachtsmannmütze vom Kopf. „Ich brauche jetzt dringend einen Drink!“ sagte er erschöpft und Alex grinste breit. Das war der Josef den er kannte und vermisst hatte.
Wobei…Moment mal…was genau meinte er mit Drink?„Keine Sorge, ich rede von Whiskey nicht von Blut“, erklärte Josef seinem Freund, der wohl den leichten Anflug von Panik in dessen Blick gesehen haben musste und erlöste ihn aus der kurzen Schockstarre. Der um einige Zentimeter kleinere Vampir trat an seinen besten Freund heran und versuchte ein sanftes Lächeln.
Doch Alex Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem angezogen. Er trat an eine der riesigen Scheiben des Einkaufzentrums und beobachtete das Treiben auf den Straßen. Wie nach so einem Ereignis üblich, stauten sich nicht nur die Menschen sondern auch Autokolonnen wo man nur hinsah. Zahlreiche Fahrzeuge reihten sich hupend und mit dampfenden Kühlerhauben aneinander, der heftige Schneefall stoppte den Verkehr.
Draußen war es bereits dunkel geworden und bei dem Verkehrschaos würden sie Stunden bis zu seiner Wohnung brauchen.
Er seufzte: „ Beth wir sollten und besser auf den Weg machen, bevor der Busverkehr eingestellt wird.“
Sein Blick wanderte wieder zurück zu Josef und Alex musste ein erneutes Lachen unterdrücken als er seinen Freund in diesem albernen Kostüm sah. Daneben, Alex blonder Engel und drum herum eine Schar leuchtender Kinderaugen. Kein Mensch hätte in diesem Moment vermuten können, dass der Weihnachtsmann in Wirklichkeit ein Geschöpf der Nacht war. Sein Lächeln wurde breiter...was für ein absurder Gedanke. Er steuerte auf die beiden GESCHÖPFE zu und deutete mit dem Daumen über seine Schulter auf das Schneechaos hinter ihm.
"Ho,Ho,Ho...", fiel ihm Josef in bester Weihnachtsmann-Manier ins Wort. Der Blutsauger schien nun doch richtig in seiner Rolle aufzugehen. Er zog seinen weißen Bart herunter und sprach mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen weiter: "Es kommt nicht in Frage, dass ihr zwei euch durch dieses Wetter kämpfen müsst. In der Tiefgarage wartet bereits meine Limousine. Ihr kommt natürlich mit mir." Jetzt wandte er sich an Beth: "Ihr seid meine Gäste! Bald ist Weihnachten und in meinem Heim stehen sowieso viel zu viele Zimmer leer."
Beth' Augen begannen zu leuchten. Mit einem bittenden Blick sah sie zu Alex hoch.....
WOW! An dieser Stelle noch mal ein riesen Dank an all eure zahlreichen Kommis. Das ist ja fast so schön wie Weihnachten selbst. Wir hoffen, wir haben auch dieses Mal den ein oder anderen Wunsch erfüllen können