"Bittersweet Symphony"
Kapitel 14 – ‚beyond words’Gegenwart:
Beth hatte es sich auf Alex Sofa gemütlich gemacht. Vor ihr ein riesiges Papptablett mit mindestens einem dutzend Eissorten. Sie ließ den Löffel genüsslich schmatzend durch das süße Paradies von fruchtig-cremigen Köstlichkeiten fahren. Während sie sich die Lippen leckte schaute sie Alex schwärmend an. „Wer auch immer Eiscreme erfunden hat, muss ein Gott gewesen sein. Das ist einfach himmlisch.“
Alex schüttelte lachend den Kopf und musterte nachdenklich die vor sich hinschmelzenden Eisberge. „Pass auf dass dir nicht der Bauch einfriert….wir wollen doch noch Schlittschuhlaufen.“
Beth Augen begannen noch mehr zu strahlen, als sie es sowieso schon taten. Schlittschuhlaufen! Das hätte sie bei den ganzen wundervollen Dingen, die an dem heutigen Tag geschehen waren beinahe vergessen. Konnte die Zeit mit Alex wirklich noch schöner werden? Zuerst hatte sie seinen Freund gefunden und war somit auf dem besten Weg ihren Auftrag zu erfüllen, dann hatte er ihr ein Lied vorgespielt, dann hatte er sie auf der Straße in den Arm genommen und dann hatte er ihr dieses leckere Zeug, was sich Eiscreme nannte gezeigt.
„Jetzt gleich?“ Beth betrachtete besorgt die himmlischen Eissorten. Zum Wegwerfen waren die zu schade aber ihr Bauch fühlte sich schon wie eine Schneekugel an und machte merkwürdig blubbernde Geräusche, wenn sie sich bewegte.
„Hmh…“, stieß sie ratlos aus. „Ich weiß nicht, ich glaube es passt nichts mehr rein.“
Das wunderte Alex nicht. Hatte sie doch auch erst zwei Becher a fünf Kugeln verputzt. Es grenzte an Zauberei, dass dieser zierliche Engel nicht längst platzte.
Er legte ihr seine Hand auf die Schultern „ Macht nichts! Wir packen es einfach ins Gefrierfach und du isst es dann später weiter.“
Wieder einmal erschienen diese typischen Fragezeichen in ihren Augen, die Alex immer dann sah, wenn Beth etwas vollkommen neu war. So als entdeckte sie gerade erst die Welt… was ja auch im Grunde stimmte.
„Das geht? Uiiii, ist ja toll.“ Beth hopste von der Couch, wobei das Eis in ihrem Magen verdächtig hin und her schwappte.
„Sachte Beth!“, sagte Alex sanft und nahm sie bei der Hand. Der Engel lächelte verlegen. Ihre Augen machten eine Geste, die an Zwinkern erinnerte und in der nächsten Sekunde hielt ihr Schützling einen Rucksack mit zwei Paar Schlittschuhen in der Hand.
Alex war immer wieder fasziniert, wenn sie ‚zauberte‘.
„Wow! Ich frage besser nicht, wo die so schnell herkommen.“
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Nach wenigen Gehminuten hatten der Schutzengel und sein Auftrag die künstlich erschaffene Eisfläche auf dem Vorplatz des Pittsburgher Rathauses erreicht. Gleich neben dem Weihnachtsmarkt, welcher für heute seine Tore bereits geschlossen hatte, war die riesige spiegelglatte Fläche errichtet worden und bot allen Eisprinzessinnen und Eisprinzen eine willkommene Abwechslung zu der unromantischen Stimmung der Eissporthalle am anderen Ende der Stadt. Einladend breitete sich die eiserne Fläche von Beth und Alex aus. Das schmuckvoll beleuchtete Rathaus ließ die Fläche in einem gemütlichen orange schimmern und die Banden der Eisbahn waren mit Lichterketten behängt.
Beth bemerkte erleichtert, dass der Ansturm der Besucher an diesem Abend schon versiegt war. Nur zwei Pärchen zogen langsam auf dem Eis ihre Kreise. Leicht nervös nahm sie neben Alex auf einer der Holzbänke vor dem Eingang Platz und begann damit in die Schlittschuhe zu schlüpfen. Der Engel hatte noch nie Kufen unter den Füßen gehabt und konnte es nicht abwarten endlich das Eis zu erkunden.
Alex richtete sich auf den schmalen Eisen auf und tapste mühsam Richtung Eisfläche. Kaum hatte er einen Fuß auf das Eis gesetzt wurden seine Bewegungen fließender. Er glitt mit Leichtigkeit neben der Bande entlang, fuhr eine Kurve und kam wider zurück zum Eingang um sein Engelchen abzuholen. „Nimm meine Hand“, bot er ihr an. Beth hatte sich inzwischen von ihrem Platz erhoben und krallte sich an dem nächstbesten Stützpfeiler der Vorzeltes fest. Ups, schon das stehen auf diesen Schuhen viel ihr schwer, obwohl sie noch nicht einmal Eis unter den Füßen hatte. Beth zögerte einen Moment bevor sie nach seiner starken Hand griff.
Ihr Schützling schluckte. Wieder war da dieses elektrisierende Kribbeln, als sie
ihre warmen, zierlichen Finger zwischen seine schob und ihn festhielt, als wäre er
der Rettungsanker in einem schweren Sturm. Vor seinen Augen tauchten die Bilder ihrer seidigen Lippen auf. Wenn er nur noch einmal ihren zarten Körper an sich drücken und sie…..
„Wa…aah! Ist das Glatt!“, zerriss ihr erschrockener Aufschrei seine sehnsüchtigen Gedanken.
Obwohl Beth inzwischen mit ihrem ganzen Gewicht an seinem Arm hing, konnte sie ihre Füße nicht mehr beherrschen. Die Kufen rutschten auf den Eis hin und her, Beth zappelte, machte ein paar hilflose Schritte auf der Stelle, drohte aus dem Gleichgewicht zu geraten, doch fing sich in letzter Sekunde und bleib nun ohne nur eine Bewegung zu wagen stehen. Alex konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Langsam schob sie, wie eine zu Eis erstarrte Engelstatue auf Kufen, voran. „Du musst dich abstoßen, Beth.“ Er ließ sie los, in der Hoffnung sie würde seinem Rat folgen, doch Beth schaffte es nur die Beinchen in eine leicht dämlich aussehende X-Postion zu verdrehen und ihm einen hilfesuchenden Blick über ihre Schulter zuzuwerfen.
„OK“, Alex hatte verstanden, dass dieses liebreizende Engelchen gaaaanz von vorne anfangen musste. Er nahm Schwung, fuhr hinter das unsichere Wesen und legte seine Hände auf ihre Taille. „Ich hab dich, Beth. Und jetzt mach es mir nach. Erst rechts abstoßen, den linken Fuß gerade lassen, dann Links abstoßen, den rechten Fuß gerade lassen.“
Beth breitete die Arme aus um Balance zu halten. Sie setzte einen Fuß vor den anderen, genau wie Alex es tat und……fuhr. Ihr Lächeln erstrahlte wieder. Der Fahrtwind kühlte ihre roten Wangen. Es war aufregend ihn so nah zu spüren, die Bewegungen synchron, Hüfte an Hüfte. Im Schleichtempo glitt die Einheit aus Engel und Schützling übers Eis. Alex atmete den Duft ihrer Locken ein, die bei steigender Geschwindigkeit immer mehr in sein Gesicht wehten. Seine Hände glitten wie von selbst von ihrer Taille zu ihrem Becken. Gerade als die Anziehung zwischen ihren Körpern fast unerträglich für ihn wurde gab er seinem Engel einen Schubs und ließ sie los.
Beth’ Augen wurden größer, als sie bemerkte, dass sie ohne Stütze fuhr. Sie behielt den Rhythmus der Bewegung bei. Nahm die Arme an die Seiten und holte Schwung. „Ich fahre…ich fahre“, rief sie ihm fast ungläubig zu. Alex stellte eine Kufe quer und stoppte. Er sah zu wie Beth immer mutiger Schwung gab und eine weite Kurve am Rand der Eisbahn fuhr. Der Engel nahm Tempo auf, wurde schneller und schneller, streckte die Arme wie Flügel aus. „Wow! Das ist der Wahnsinn, ich fühle mich so frei!“
Sie genoss die Geschwindigkeit, den Fahrtwind, das Prickeln in den Adern. Das alles machte sie für diesen Moment zum glücklichsten Engel auf Erden. Aber halt, eigentlich sollte Alex glücklich über das Eis rasen. Doch er stand einfach nur da und hatte eine tiefe Falte zwischen den Augenbrauen.
Alex verfolgte das Geschehen mit einem besorgten Blick.
„Pass auf Beth, wir haben…..“, er stoppte. Fast zu spät erkannte er, dass Beth mit einem Affenzahn auf die Bande zufuhr. „Oh, Oh“, hörte er den Engel sagen und raste ohne zu zögern los. Alex stemmte die Spitzen der Schuhe in das Eis und fuhr so schnell es ging als eine Art menschlicher Airbag zwischen harte Bande und das herannahende Engelchen, welches inzwischen in ängstlicher Erwartung quietschte. Ihrem Aufprall auf die Bande kam er zuvor aber den unsanften Zusammenstoß mit ihr konnte er nicht mehr zu verhindern. Mit einem lauten „Ooooooo“, zog Beth die Hände vors Gesicht und…..BAAM!.....rammte mit voller Wucht ihren Retter. Alex schloss sofort die Arme um sie und hielt ihren Körper in einer aufrechten Position. Atemlos suchte er ihren Blick….
“…das Bremsen noch nicht geübt“, vervollständigte er seinen Satz endlich.
Beth starrte mit großen Augen zu ihm hoch. „Wow, das war so aufregend. Ich wurde immer schneller. Es war berauschend, so frei, so grenzenlos. Das war besser als….besser als…“
„Besser als Sex?“ fragte Alex mit einem schelmischen Grinsen. Sofort als er den Satz ausgesprochen hatte bereute er seinen Vergleich. Was redete er denn da? Verdammt! Wollte er die Themen Sex Liebe, Küssen und Verliebtsein nicht meiden, solange er diesen Engel an seiner Seite hatte?
Beth Gesichtsausdruck wechselte von interessiert, zu verwirrt über fragend zu brennender Neugier. Dieses Wort hatte sie schon mal gehört. “Du Alex, was bedeutet das eigentlich? Wie fühlt es sich an? So frei wie ich mich gerade gefühlt habe…ist es so auch wenn man
sext?“ Die Fragen brachen aus ihr heraus bevor sie sie zu Ende denken konnte.
Alex blähte die Lungen, unterdrückte ein Lachen und atmete lange aus. Er stellte den Engel vor sich auf die Füße, hielt sie aber an den Schultern fest da ihre Beine schon wieder zu wackeln begannen. „Das heißt…“, er suchte nach einem harmlosen Wort dafür. Eines welches man auch einem Engel sagen könnte ohne direkt in die Hölle verbannt zu werden. „ Es heißt nicht
sext, es heißt ‚Liebe machen’“, er schüttelte innerlich den Kopf über sich.
„Liebe machen“, Beth ließ die Wörter auf der Zunge zergehen. Ihr Blick bekam einen träumerischen Ausdruck, gefolgt von vollkommenem Unverständnis. „Und wie ist es so?“
Einen Moment lang herrschte Totenstille, nur Alex’ angestrengter Atem war zu hören. Er starrte auf die wunderschöne Frau vor sich, heilfroh dass seine Wangen von dem kalten Fahrtwind sowieso schon rot sein mussten wie ein Pavianhintern. "Schön", antworte er und gab sich Mühe möglichst desinteressiert zu klingen.
Dem Engel schwirrte der Kopf. Merkwürdigerweise wurde sie bei seinen Worten ganz kribbelig. Neugierig blickte sie zu Alex auf, der jetzt ganz dicht vor ihr stand.
„Wie schön?“ bohrte sie weiter nach, wohl bemerkend, dass es ihrem Schützling unangenehm war darüber zu sprechen.
„Komm schon Beth…hast du denn noch nie….?“ Er druckste rum und blickte auf ihre Beine, die jeden Moment unter ihrem Körper wegzurutschen drohten. „Bist du denn noch nie….?“
„Noch nie WAS?“ Langsam verlor der sonst so gütige Engel die Geduld.
Alex facettenreiche blaue Augen nahmen ein verräterisches Glitzern an. Er biss sich auf die von der Kälte rauen Lippen und stieß einen langen Seufzer aus auf solche Fragen war er nicht vorbereitet gewesen. „Hattest du noch nie einen…na, du weißt schon?“ Er konnte es nicht aussprechen! Nicht ohne das dabei sofort Bilder von ihrem nackten, verschwitzten, sich windenden Körper vor seinem inneren Auge auftauchten. Alex ließ den Kopf hängen. Was machte er sich vor? Diese Bilder WAREN schon in seinem Kopf, noch BEVOR das Wort Höhepunkt oder Orgasmus in irgendeiner Form erwähnt hatte.
Beth schüttelte verlegen ihren blonden Lockenschopf ein leises: „Keine Ahnung von was du da redest“, hauchend.
"Erregung, Beth? Lust? Verlangen? Wenn du mit jemandem schläfst und es so richtig schön kribbelt, sich wie flüssige Hitze in deinem Unterleib ausbreitet und du...." seine Stimme hatte einen tiefen vibrierenden Klang angenommen. Doch als er Beth' ratloses Gesicht sah stoppte er: " Du weißt schon, wenn man…..'kommt'...Höhepunkt und so?"
Beth hatte ein riesiges Fragezeichen im Gesicht. „Hä?“
Alex schob sie sanft vom Eis herunter und startete einen neuen Versuch: "Wenn zwei Menschen sich zueinander hingezogen fühlen, und sich sehr mögen. dann schlafen sie miteinander."
Beth lächelte "Schlafen? Also haben du und ich auch?"
"Nein, haben wir nicht.“ Er legte ihr seinen Zeigefinger an die Lippen. Ihre Unschuld war wirklich niedlich aber auch sagenhaft sexy. Kurz schloss er die Augen, stellte sie sich vor. Nackt, in seinen Laken Haut an Haut und innig vereint. Er schüttelte die Gedanken ab, nahm auf der Holzbank vor der Eisfläche Platz und begann damit die Schnürsenkel seiner Schlittschuhe zu öffnen. Zeit nach Hause zu gehen, bevor ihm das Gespräch ebenso entglitt wie der Engel auf dem Eis.
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Als die beiden sich auf den Heimweg machten, hatte ein unangenehm nasser Schneeregen eingesetzt. Beth war tief in Gedanken, während sie neben Alex durch die Straßen lief, schien sie den Wetterumschwung gar nicht zu bemerken. Sie blickte zu ihrem Schützling empor. „Dieses Gefühl von dem du erzählt hast… .“
Alex stoppte an der Straßenkreuzung. Sie würde nicht aufhören ihn mit diesem Thema zu nerven, bis er ihren Wissensdurst befriedigt hatte…
befriedigt….oh, Alex, du rennst geradewegs in dein Verderben…Ihre Frage blieb nach ein paar schweigsamen Sekunden in denen der Verkehr an ihnen vorbeirauschte unvollendet.
Seine Libido hisste die weiße Flagge. Er gab sich geschlagen: „Es ist himmlisch, berauschend, aufregend, sexy… . Ein Höhepunkt ist einfach ein schönes Gefühl. Fast wie Fliegen. Es ist schwer das zu erklären Beth, man muss es erleben“ Alex stoppte seine Ausführungen. Ein bisschen wunderte er sich darüber wie gut er dieses Gefühl beschreiben konnte, nach so langer unfreiwilliger Abstinenz. Wie lange war es her seid er ES gespürt hatte? Ein paar Wochen? Monate? Ein Jahr? Tief in Gedanken versunken starrte er auf den Kantstein des Bürgersteigs, dann traf er ihren Blick und wusste nicht ob ihn der sehnsüchtige Glanz in ihren Augen freuen oder ihm Angst einjagen sollte. Vollkommen der Welt entrückt bemerkte keiner der beiden, dass ein LKW Laster in halsbrecherischem Tempo heran rauschte. Der Fahrer gab sich keine Mühe der riesengroßen Pfütze am Straßenrand auszuweichen.
„ Pass auf Beth!“, schrie Alex. Doch zu spät. Das Fahrzeug wirbelte Wasser auf und Beth wurde klatsch Nass, ehe ihr Schützling sie aus der Schusslinie ziehen konnte.
„Man du Arschloch kannst du nicht gucken wo du hinfährst?!“, brüllte er dem LKW unflätig fluchend hinterher und wand sich Beth zu. Vorsichtig strich er ihr eine durchnässte Locke aus der Stirn, legte schützend seinen Arm um sie und sagte: „Du musst ganz schnell aus den nassen Klamotten raus Beth! Ehe du dich noch erkältest.“ Er wusste nicht ob Engel das konnten, aber er wollte es auf keinen Fall riskieren.
tbc
An dieser Stelle DAAAAANNNKKKKEEEE für das Feedback. Es ist so schön zu sehen, dass wir ein paar treue Mitleser gefunden haben. *knuddel mal die Runde*
PS: Den nächsten Teil git es dann in doppelter Ausführung...und dreimal dürft ihr raten warum *kicher, kicher*