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 DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte

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BeitragThema: DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte   DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Icon_minitimeSa Nov 30, 2013 6:44 pm

DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Tumblr_mwdlykPVay1sacz1go1_400
Quelle hey-believe-in-yourself-byb.tumblr.com

Morgen ist erster Advent und einer noch recht jungen Tradition folgend, gibt es auch in diesem Jahr wieder eine vierteilige Weihnachtsgeschichte. Jeden Sonntag posten wir ein neues Kapitel und hoffen, euch damit eine kleine vorweihnachtliche Freude bereiten zu können.

Macht`s euch gemütlich, denn hier kommt schon einmal ein kleiner Ausblick darauf, was euch erwarten wird:




DER BLAUBEERGRINCH

Prolog

Er wusste nicht, wie lange er nun schon an seinem Schreibtisch in seinem privaten Arbeitszimmer saß und auf dieses weiße Blatt Papier starrte. Er wusste nicht, warum sich seine Finger, die den Kugelschreiber hielten, so seltsam kraftlos anfühlten. Und er wusste auch nicht, warum er sich so verdammt schwer tat, dieses verflixte Formular zu unterschreiben und abzuschicken.

Natürlich wusste er es, ganz genau sogar…


WEIHNACHTEN- das Weihnachtsfest stand unmittelbar bevor. Das Fest der Liebe und der Familie. Familie…

Wenn man das große Glück hatte, in eine Familie Kalakaua, Kelly oder gar Williams geboren worden zu sein, dann bestand das Weihnachtsfest ganz bestimmt aus herrlichem Essen in großer Runde, gemütlichem Beisammensein bei lustigen und angeregten Gesprächen in anheimelnder Atmosphäre, aus glänzenden Kinderaugen beim verstohlenen Blick auf den Geschenkeberg unter dem Weihnachtsbaum und aus kleineren und größeren Kabbeleien, die an solchen Tagen einfach dazugehörten. Hieß man aber McGarrett, dann hatte das Weihnachtsfest spätestens zur Teenagerzeit seinen Glanz und seine Herrlichkeit verloren.  

Er war es leid, an Weihnachten alleine zu sein. Er haderte damit, vermeintlich gut gemeinte aber doch irgendwie mitleidige Einladungen zu bekommen, bei denen er sich irgendwie fehl am Platz fühlte. Er hatte es einfach satt, keine Familie zu haben, keine Familie im eigentlichen Sinn. Natürlich hatte er eine Familie, bestehend aus einer kleinen Schwester, die irgendwo auf dem Festland nach sich selbst und dem Sinn ihres Lebens suchte und einer Mutter, die das tat, was sie ganz offensichtlich am besten konnte- weglaufen und sich unsichtbar machen. Weglaufen vor sich selbst, vor ihrer Vergangenheit und augenscheinlich auch vor dem letzten Rest Familie, der ihr noch geblieben war. Familie, in diesem Zusammenhang ein hohles, leeres Wort, das sich nicht mit Leben und positiven oder gar warmen Gefühlen verbinden ließ. Ein bloßer Begriff, der Verlust und Einsamkeit implizierte.

Und weil ihn wahrscheinlich niemand über die Feiertage vermissen würde, so wollte er wenigstens einem Familienvater die Möglichkeit geben, das Weihnachtsfest nicht in einem Feldlager am Hindukush mit den Kameraden und über Skype mit der Familie, sondern ZU HAUSE mit seinen Lieben verbringen zu können. Mit Ehefrau, Eltern, Schwiegereltern und Kindern gemeinsam am Tisch zu sitzen und die strahlenden Kinderaugen beim Auspacken der Geschenke erleben zu dürfen.

Müde fuhr er sich mit der Hand über die Augen. Hier ging es nicht um die Frage Richtig oder Falsch?. Er war kein Mensch, der unüberlegt handelte oder seine Entscheidungen aus dem Bauch heraus traf. Es gab triftige Gründe für diesen Schritt- triftige Gründe für ihn zumindest. Und im Allgemeinen stand er zu seinen Entscheidungen. Also gab es auch in diesem Fall kein Zurück.

Aus diesem Grund setzte er wenig später mit sicherer Hand seine Unterschrift in das dafür vorgesehene Feld, steckte das Formular in einen bereits adressierten Umschlag, klebte diesen sorgfältig zu und legte ihn zur übrigen Post, die er am nächsten Morgen auf dem Weg zur Arbeit einwerfen wollte. Es hatte seinen Grund, dass er dies nicht in seinem Büro im Five-O Hauptquartier erledigte.
Sein Entschluss, seine Entscheidung- er wollte sich nicht dafür bei Kono, Chin oder gar Danny rechtfertigen müssen, sollte der Brief in die vermeintlich falschen Hände geraten. Rechtfertigen war eigentlich nicht der richtige Ausdruck, er wollte sich nicht erklären müssen, nicht erzählen müssen, wie einsam er sich eigentlich gerade fühlte…
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Siv
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BeitragThema: Re: DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte   DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Icon_minitimeSo Dez 01, 2013 10:49 am

DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Wallpa10


Kapitel 1

Steve balancierte gerade einen beachtlichen Poststapel in der einen Hand zu seinem Silverado, während er mit der anderen versuchte, seinen Autoschlüssel aus der linken Hosentasche zu fischen. Natürlich begann genau in diesem äußerst ungünstigen Augenblick das Handy in seiner rechten Hosentasche aufgeregt zu vibrieren.
„Mist! Mist! Mist!“, fluchte er laut, schaffte es irgendwie den Türöffner zu drücken, die Fahrertür zu öffnen und seine Briefe auf den Beifahrersitz zu werfen.
Er fischte das ungeduldig brummende Telefon aus der Tasche und registrierte leicht genervt, dass Danny mal wieder genau den richtigen Moment erwischt hatte.

„Hoffentlich gibt es für deinen Anruf einen wirklich wichtigen Grund Danny und mit wichtig meine ich auch WICHTIG“, grummelte Steve genervt. Vom anderen Ende der Leitung war nur ein heiseres Krächzen zu vernehmen.

„Danny? Bist du das?“

„Steve, ich glaube, mich hat die Grippe erwischt.“ Kam es schnarrend und matt aus dem Lautsprecher. „Vermutlich schaffe ich es heute nicht ins Büro, denn vermutlich kann ich nicht einmal einen Fuß aus dem Bett heben ohne dabei zu erfrieren. Ich war nicht mehr krank seit ich sieben war, es ist die Hölle, die verdammte Hölle! Wir haben 32°C im Schatten und ich FRIERE! Könntest du mir vielleicht einen kleinen Gefallen tun?“
„Wenn ich dir das Händchen halten soll Danny, dann heißt meine Antwort leider NEIN. Über alles andere lasse ich aber eventuell mit mir reden, was kann ich für dich tun, Kumpel?“, musste Steve innerlich über seinen wehleidigen Kollegen grinsen.
„Heute ist Freitag und mein Vater-Tochter- Wochenende. Könntest du Grace von der Schule abholen und sie anschließend bei mir absetzen?“
„Kein Problem Danny, ich hol den Krümel ab und fahr auf dem Weg zu dir noch bei der Apotheke vorbei. Wenn es dir heute Nachmittag nicht besser geht, kann Gracie auch das Wochenende bei mir bleiben. Sie wollte schon lange wieder einmal bei mir übernachten und das ist doch DIE Gelegenheit“, fand Steve schnell Gefallen an seiner spontanen Idee.
„Was wollt ihr zusammen machen? Gute Laune- Plätzchen backen oder Christbaumkugeln aus Handgranaten basteln?  Oder wollt ihr vielleicht eine Bergtour unternehmen und euch dabei in Lebensgefahr begeben? Ich weiß wirklich nicht, ob das eine so gute…“ Dannys Tirade wurde von einem heftigen Hustenanfall unterbrochen. Glücklicherweise!
„Wir sehen uns später!“, versuchte Steve gegen Dannys heiseres Bellen anzuschreien und beendete das Gespräch.  

Natürlich war an diesem Morgen vor dem Postamt kein einziger freier Parkplatz zu finden. Nachdem Steve auf seiner Suche zwei Mal erfolglos um den Block gefahren war, gab er entnervt auf. Er stellte seinen Pickup in der zweiten Reihe ab, schaltete die Warnblinkanlage ein, schob eilig seine Briefe zusammen und hastete zur Post. Den weißen Umschlag, der halb unter dem Sitz im Fußraum des Wagens lag, hatte er in der Eile völlig übersehen.

Kurze Zeit später saß er im Hauptquartier und versuchte, sich auf seinen Papierkram zu konzentrieren. Es wollte ihm nicht so recht gelingen. Immer wieder musste er an seinen Entschluss und dieses verdammte Formular denken, welches sich nun wahrscheinlich schon auf dem Weg zu seinem Vorgesetzten bei der Navy befand. Hatte er vielleicht doch einen Fehler gemacht? War es falsch, sich für eine Reservistenübung über die Weihnachtstage zu melden? Steckte nicht ein guter Gedanke dahinter, irgendeinem Fremden ein Weihnachtsgeschenk zu machen, indem er das Fest mit seiner Familie verbringen konnte?
Zeit, eine Antwort auf die im Grunde überflüssigen Fragen zu suchen, blieb ihm nicht mehr, denn für einen Rückzieher war es ohnehin zu spät. Zudem musste er sich beeilen, um nicht zu spät zu Grace zu kommen. Er wollte das kleine 9-jährige Mädchen schließlich nicht warten lassen.


Steve lehnte mit verschränkten Armen am Kühler seines Wagens und blickte zum Schulgebäude hinüber, aus dem nach und nach Massen von Kindern ins lang ersehnte Wochenende strömten. Und endlich entdeckte er Gracie, die Hand in Hand mit ihrer Freundin Lucy, fröhlich die Stufen vor dem Gebäude hinunterhopste.

„Onkel Steeeve!“ Freudestrahlend, mit fliegenden Zöpfen und weit ausgebreiteten Armen rannte das kleine Mädchen auf ihn zu.
„Heeeey Krümelchen“, rief Steve lachend und drückte Grace fest an seine Brust.  
„Wie schön, dass du hier bist, aber- … Warum bist du hier? Wo ist Danno? Ist ihm etwas passiert? Es ist doch nichts passiert? Geht es ihm gut? Es geht ihm doch gut, oder Onkel Steve?“, prasselten sogleich Graces aufgeregte Fragen auf ihn ein. Ihre großen, dunklen Augen blickten ihn durchdringend an.

„Natürlich geht es Danno gut, Krümel. Naja, es geht ihm fast gut- er hat die Grippe und liegt leidend mit Fieber, Husten und Schnupfen zu Hause im Bett. Na los, lass uns schnell zur Apotheke fahren und dann deinen Danno mit Tee und alten McGarrett`schen Familiengeheimnissen wieder auf die Beine bringen. Bist du bereit für diese äußerst wichtige Mission, Schwester Gracie?“ Mit diesen Worten bot er ihr seinen Arm und führte sie zur Beifahrertür.
„Du bist dir sicher, dass ich vorne sitzen darf, Onkel Steve? So ganz, ganz sicher?“, machte Grace große Augen, als Steve ihr die Tür öffnete.
„Natürlich bin ich mir sicher“, antwortete Steve mit schelmischem Grinsen und beobachtete das kleine Mädchen, das begeistert ins Auto kletterte und sich glückselig auf den Sitz plumpsen ließ.
„Verpetz mich nur nicht bei deinem Vater, sonst war das wahrscheinlich unsere letzte gemeinsame Tour! Warte, ich helf dir beim Anschnallen.“

Kurze Zeit später hielten sie vor der Apotheke und Grace wartete im Wagen, während Steve versprach, sich zu beeilen. Durch das Schaufenster konnte sie allerdings sehen, dass die Warteschlange vor dem Tresen unendlich lang war. Das konnte dauern! Grace schnallte sich ab und ließ ihren Blick über das geschäftige Treiben auf der Straße wandern. Mittlerweile sah es überall schon recht weihnachtlich aus, schließlich war am Sonntag der erste Advent. Bunte Lichterketten hingen in den Palmen, Weihnachtsmänner winkten ihr aus den Schaufenstern der Geschäfte entgegen und ein Surfer mit roter Nikolausmütze rannte mit seinem Surfboard über die Straße in Richtung Strand. Eigentlich hatte sie geplant, an ihrem gemeinsamen Wochenende mit Danno Plätzchen zu backen. Ihr war wohl bewusst, dass es kein leichtes Unterfangen werden würde, ihn zu einem solchen Vorhaben  zu überreden, da er sich bei Aktionen dieser Art immer unheimlich ungeschickt anstellte und nicht aufhören konnte, zu granteln. Aber sie wusste auch, dass ihr Vater seinem Äffchen, keinen Wunsch abschlagen konnte, wenn sie ihm nur lange genug damit in den Ohren lag. Hoffentlich war Danno nicht SO krank, dass er das gesamte Wochenende im Bett bleiben musste.

Ob Onkel Steve mit seinen McGarrett`schen Familiengeheimnissen in diesem Leben wohl noch aus der Apotheke kommen würde? Erneut sah sie hinüber zum Schaufenster des Drugstores und erblickte Steve, der direkt an der Fensterscheibe stand, auf die 5 Personen zeigte, die noch vor ihm an der Reihe waren, wild mit den Augen rollte  und fürchterliche Grimassen in ihre Richtung schnitt. Auch wenn sie sich schrecklich viel Mühe gab, sie konnte einfach nicht ernst bleiben. Spätestens dann, als Steve seine Nase an der Scheibe plattdrückte und mit ausgebreiteten Armen an dieser hinunterglitt schwoll ihr verhaltenes Glucksen zu einem leisen Kichern an und mündete schließlich in lautem Lachen, als eine ältere Dame, die hinter Steve stand, ihm mit ihrem Gehstock resolut auf die Schulter klopfte, um ihn zum Weitergehen zu bewegen. Grace schlug sich die Hand auf den Mund, um ihr lautes Kreischen zu dämpfen und rutschte vom Sitz um im Stehen besser sehen zu können, wie Steve mit hochrotem Kopf und eingezogenem Genick, angetrieben von einer mindestens 93 Jahre alten gebrechlichen Frau mit erhobenem Gehstock zum Tresen schlich.
Nur langsam erholte sie sich von ihrem Lachanfall und versuchte, sich wieder zurück auf ihren Sitz zu schieben. Dabei bemerkte sie, dass ein undefinierbarer lila Klumpen an ihrem Schuh klebte.

„Oh nein!“, entfuhr es ihr, als ihr klar wurde, dass es der Blaubeermuffin mit extra vielen Blaubeeren war, den sie heute in der Schule für Danno gebacken hatte. Danno liebte alles Süße, sehr zum Leidwesen von Steve, der behauptete, dass zu viel Zucker ungesund sei und ihm immer wieder Vorträge über ausgewogene Ernährung hielt. Dieser Muffin jedenfalls würde keine Gefahr mehr für Dannos Gesundheit darstellen, denn er taugte nicht einmal mehr als Blaubeerpfannkuchen. Zudem siffte dieses matschige Etwas den Fußraum von Steves Auto voll. Schnell kramte Grace in ihrem Rucksack nach ein paar Taschentüchern, um die Sauerei verschwinden zu lassen, bevor Steve zurück war. Angewidert hob sie ihren Fuß und bemerkte den, nun nicht mehr weißen Briefumschlag, der an ihrem Muffinschuh klebte. Blaubeersaft lief über das bereits aufgeweichte Papier. Adressat und Absender waren noch gut zu erkennen, aber so konnte sie Steve seinen Brief un-mög-lich vor die Nase halten. Ein klitzekleines bisschen schämte sie sich dafür, dass sie so ungeschickt war. Aber sie würde die Sache hier wieder in Ordnung bringen, ja das würde sie! Sie würde das sabbernde und klebrige Etwas mit nach Hause nehmen, es in einen sauberen Umschlag stecken, es dann zur Post bringen und an seinen Bestimmungsort schicken.
Schnell kratzte sie die pappige Masse von der Sohle ihres Turnschuhs und stopfte sie in eine Tüte. Die verschwand mit dem Brief, oder dem was davon noch übrig war, in ihrem Schulrucksack. Grace hatte gerade noch Zeit, sich die verdächtigen lila Flecken von ihren klebrigen Fingern zu wischen, als auch schon die Fahrertür aufging und Steve grinsend einstieg.

„Das nächste Mal solltest du vielleicht deine Dienstmarke mitnehmen, Onkel Steve, dann hätten die alten Omas vielleicht ein bisschen mehr Respekt vor dir“, fing Grace schon wieder an zu giggeln. „Wenn Mrs. Derkins in der Schule mit der gelben Karte wedelt, weiß sogar unser Klassenclown Andy, dass es Zeit ist, einfach mal die Klappe zu halten.“  
„Mach dich nur lustig über mich Krümel, ich werde darüber nachdenken. Die alte Dame hat mich doch tatsächlich als Kindskopf beschimpft, kannst du dir das vorstellen?“

       
Dannys Appartement schien verlassen und unbewohnt. Sämtliche Rollläden an den Fenstern waren heruntergelassen.
„Meinst du, Danno geht es besser?“, fragte Grace und hob besorgt eine Augenbraue, als sie auf die verschlossene Wohnungstür zugingen.
„Das werden wir gleich wissen“, murmelte Steve und kramte in seiner Hosentasche nach dem Notfallschlüssel, den Danny ihm gegeben hatte.

„Für Notfälle, Steven! Der ist nur für die äußersten Notfälle gedacht!“, hatte Danny ausdrücklich betont, als er Steve nach dem Einzug in sein neues Heim widerwillig den Schlüssel aushändigte. „Nicht dass du in SuperSEAL-oder Ninja- Manier meine Tür eintreten oder zerhackstückeln musst!“

Dies war in gewisser Weise ein Notfall, wenn er sich Dannys leidvolles Gejammer vom Vormittag erinnerte. Also war der Gebrauch absolut gerechtfertigt. Gerade hatte er den Schlüssel ins Schloss gesteckt, als sich die Tür vorsichtig öffnete. Das runzlige Gesicht mit den roten Apfelbäckchen der schrecklich liebenswerten und fürsorglichen Nachbarin Mrs. Bennett kam zum Vorschein. Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln, als sie Steve und Grace erblickte.
„Steve, Gracie“, flüsterte sie. „Schön, dass ihr beide da seid!“
„Warum bist du hier Flo? Geht es Danno sehr schlecht?“, frage Grace und ließ sich von der älteren Dame umarmen. Sie liebte die Nachbarin ihres Vaters, die so schöne Geschichten von früher erzählen konnte und immer selbstgebackene Kekse in einer alten verbeulten Blechdose im Küchenschrank vorrätig hatte. Sie sah nach Grace, wenn Danny nachts zu einem ungeplanten Einsatz gerufen wurde oder brachte den beiden frisch gebackenen Kuchen vorbei, wenn das Vater- Tochter- Wochenende zelebriert wurde.
„Daniel hat sich eine ziemlich schlimme Grippe mit hohem Fieber eingefangen, Schätzchen. Sein Husten konnte ich heute Morgen bis zu mir in die Wohnung hören, weshalb ich beschlossen habe, nach ihm zu sehen und ihm eine heiße Hühnersuppe zu kochen, nach altem Familienrezept. Die macht ihn ganz schnell wieder gesund! Schade nur, dass somit euer gemeinsames Wochenende ins Wasser fällt, das tut mir ehrlich leid!“

„Danke Florence, dass sie sich so liebevoll um Danny kümmern. Er ist bestimmt kein außergewöhnlich dankbarer Patient“, mischte sich nun Steve augenzwinkernd ein. „Wir waren eben noch in der Apotheke und haben ein paar Medikamente besorgt, hoffentlich helfen sie. Augenscheinlich ist halb Oahu von der Grippewelle erfasst worden. Wir werden schnell nach Danny sehen, ein paar Sachen für Gracie zusammenpacken und uns dann auf den Weg zu mir machen. Es macht wenig Sinn, wenn sie das Wochenende hier bei Danny verbringt und sich womöglich auch noch ansteckt. Ich werde gut für sie sorgen und außerdem freue ich mich schrecklich über den unverhofften Übernachtungsbesuch.“

Schnell hatte Grace ein paar Sachen, von denen sie dachte, dass sie für ein Wochenende mit ihrem Onkel Steve wichtig sein könnten, zusammengesucht- den Badeanzug, Flossen, Schnorchel und Taucherbrille, Wanderschuhe, Gummibärchen, das Monopoly- Spiel,… und stand nun abreisebereit im Flur vor Dannos Schlafzimmertür.
„Fertig, ich hab an ALLES gedacht“, flüsterte sie stolz.

Vorsichtig öffneten sie die Tür einen kleinen Spalt. Im Kegel des hereinfallenden Lichts konnten sie lediglich Dannys blonden Haarschopf erkennen, der unter der dicken Decke hervorlugte. Lediglich ein leises verschnupftes Schnarchen war zu hören.

„Lassen wir ihn schlafen, Krümel“, flüsterte Steve leise, als er in Graces enttäuschtes Gesicht blickte. „Wir rufen ihn später an und morgen kommen wir wieder her und sehen nach, ob Flos Hühnersuppe schon Wirkung zeigt, versprochen!“

Sie verabschiedeten sich von Florence und verließen die Wohnung, nicht ohne der Nachbarin vorher noch das Versprechen abzunehmen, sich gut um Danny zu kümmern.
„Grace, hast du nicht etwas vergessen?“, fragte Steve gespielt streng, als er ihre prall gefüllte Tasche auf den Rücksitz stellte.
„Was denn?“, zuckte Grace ahnungslos mit den Schultern.
„Deinen Schulrucksack! Nicht auszudenken, wenn du am Montag ohne Hausaufgaben zur Schule gehen musst und Danno davon Wind bekommt! Das sichere Donnerwetter können wir uns beide ersparen, also hopp hopp, lauf schnell und hol ihn!“
Schlagartig war das unangenehme Kribbeln in Graces Magengegend wieder da!
Der Ruckasck, der vermatschte Blaubeermuffin, DER BRIEF…!


Zuletzt von Siv am Fr Jan 10, 2014 11:14 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte   DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Icon_minitimeSo Dez 08, 2013 11:37 am

Hier also Teil 2 der kleinen Weihnachtsgeschichte um Gracie, Steve und den Blaubeerbrief.
Der aufmerksame Leser wird sicher bald feststellen, dass ich dem Zeitplan um eine Adventskerze hinterherhinke. Zeitmanagement war wohl noch nie mein Ding! Zwinker 
Ich hoffe aber, ihr lasst euch davon nicht aus dem Konzept bringen!
Viel Spaß beim Lesen und einen schönen zweiten Advent!


Kapitel 2

Auf der Fahrt zu Steve war Grace unnatürlich still. Gedankenverloren spielte das kleine Mädchen mit seinen Zöpfen und schaute aus dem Fenster. Steve schielte immer wieder besorgt in ihre Richtung. An einer roten Ampel legte er ihr behutsam die Hand auf die Schulter.
„Machst du dir Sorgen um Danno, Kleines?“, fragte er leise.
„Ein bisschen schon. Weißt du Onkel Steve, wenn ich Bauchschmerzen habe oder wenn ich richtig krank bin, dann ist Danno immer da. Er kocht mir Tee oder eine heiße Suppe, liest mir meine Lieblingsgeschichten vor, schaut eine DVD mit mir an, oder legt sich einfach nur neben mich und nimmt mich in den Arm, wenn ich zu krank zu allem bin. Das ist schön, obwohl krank sein doch ziemlich doof ist. Und jetzt ist er selbst krank und ich bin nicht bei ihm. Eigentlich müsste ich ihm doch jetzt etwas aus der Zeitung vorlesen oder mit ihm auf dem Sofa liegen und einen Film anschauen“, sprudelten die Worte nur so aus Grace heraus.

Natürlich machte sie sich Sorgen um ihren Danno. Natürlich war sie traurig, dass er krank und jetzt auch noch ganz alleine war. Aber es war eben nicht die ganze Wahrheit. Ein ganz klitzekleines bisschen war es auch so, als wolle sie sich selbst Glauben machen, dass dies der einzige Grund für den dicken Kloß in ihrem Hals war, der in der letzten Viertelstunde von einer Erdnuss auf die Größe einer Christbaumkugel angeschwollen war. Die Tatsache, dass sie ein Geheimnis vor ihrem Onkel Steve hatte, gefiel ihr irgendwie gar nicht. Es gab gute Geheimnisse, schöne Geheimnisse. Das Weihnachtsgeschenk für Steve war so ein schönes Geheimnis und es zerriss sie fast, dass sie noch so lange warten musste, bis sie es ihm endlich überreichen durfte.
Der Blaubeerbrief allerdings war kein gutes Geheimnis, sondern eines, das Bauchschmerzen verursachte und eventuell auch ziemlich viel Ärger. Und eigentlich wäre jetzt noch Zeit genug, das verklebte Etwas aus der Tasche zu ziehen und Steve alles zu beichten. Unschlüssig kaute sie auf ihrer Unterlippe herum, atmete einmal tief durch und beugte sich hinunter in den Fußraum.

TUUUUT- TUUUUUUUUUUUUT- TUUUUT…

Das laute und ungeduldige Hupen des Autofahrers hinter ihnen, ließ Grace erschrocken zusammenfahren. Hastig, als wäre sie beim Klauen von Weihnachtsplätzchen erwischt worden, schob sie ihre Hände zwischen das Sitzpolster und ihre Oberschenkel. Der grandiose Moment des Mutes, war mit dem Hupkonzert ebenso schnell verflogen, wie er gekommen war.
Steve, der selbst ziemlich überrascht war, murmelte einen halblauten Fluch, schlug sich aber sogleich mit der flachen Hand auf den Mund, als ihm einfiel, dass sich dies in Gesellschaft einer so jungen Dame wohl nicht gehörte. Dann trat er aufs Gaspedal und fuhr los.  
 
„Krümelchen“, nahm er die Unterhaltung wieder auf, „ich kann verstehen, dass es dir nicht leicht fällt, Danno allein zu lassen. Aber so ganz allein ist er ja nicht- Flo ist doch bei ihm. Er wird heute und morgen wahrscheinlich eh die meiste Zeit des Tages schlafen. Lass ihn uns heute Abend einfach anrufen und hören, wie es ihm geht. Morgen oder am Sonntag können wir ihn dann besuchen. Deal?“
„Deal!“

„Was hattet ihr beiden denn dieses Wochenende vor?“, fragte Steve, dem plötzlich einfiel, dass er noch keine Ahnung hatte, wie er dem kleinen Krümel ein paar schöne Stunden bereiten konnte.
„Einen richtigen Plan hatten wir eigentlich noch nicht. Ich hatte aber geplant, mit Danno Weihnachtsplätzchen zu backen, nur wusste er davon noch nichts“, fügte sie mit schiefem Grinsen hinzu. „Zimtsterne und die mit Marmelade drin und welche mit Schokolade und… .“
„Und du bist dir sicher, dass Danno nicht die Küche in Brand gesteckt oder sich beim Teig Ausrollen die Schulter ausgekugelt hätte?“, unterbrach Steve sie lachend.
„Naja, ich hätte vielleicht Flo vorher Bescheid gegeben, damit sie uns ganz zufällig besuchen kommt. Und für Notfälle hätte ich die Nummer der Feuerwehr neben das Telefon gelegt“, erwiderte Grace grinsend.
„Wenn du nichts dagegen hast, können wir beide morgen auch das Backen übernehmen. Oben auf dem Speicher müsste irgendwo noch eine Kiste stehen, in der das alte Buch mit den Rezepten meiner Granny liegt. Das suchen wir und backen die schönsten und leckersten Plätzchen von ganz Oahu. Was meinst du?“

Kurze Zeit später hielten sie vor Steves Haus.
„Was hälst du davon, wenn wir schnell deine Taschen ins Haus bringen und dann noch eine Runde schwimmen gehen? Bald wird es dunkel und dann ist es dafür zu spät.“      
„Au ja, das machen wir!“, rief Grace begeistert. „Wo soll ich schlafen- im Gästezimmer?“
„Äh nein, das Gästezimmer ist nur für Gäste. Und du bist für mich mehr als nur ein Gast, Krümel. Deshalb habe ich eine Überraschung für dich, willst du sie sehen?“, tat Steve geheimnisvoll.
„Eine Überraschung? Eine Überraschung, für mich?“ Mit großen Augen starrte Grace ihren Onkel Steve an und hibbelte aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. „Darf ich sie sehen, die Überraschung? Jetzt gleich?“
Steve nickte, nahm sie bei der Hand und führte sie die Treppen ins obere Stockwerk hinauf.
„Ich hab mir gedacht… naja, ich hab mir gedacht, dass…“, Steve wusste plötzlich nicht mehr so recht, was er sagen sollte.
„Was hast du dir gedacht? Wahaaas? Mach es doch nicht so spannend, Onkel Steve“, bettelte das kleine Mädchen aufgeregt und zog ungeduldig an Steves Shirt.
Er ging vor dem Kind in die Hocke und nahm ihre kleinen Hände in seine und stammelte etwas unsicher:
„Weißt du Krümelchen, ich hab mir einfach gedacht, dass du dich hier bei mir wohlfühlen und deshalb dein eigenes Zimmer bekommen sollst. Darum hab ich Marys altes Kinderzimmer neu gestrichen und ihre alten Kindermöbel für dich hergerichtet. Und jetzt bin ich mir einfach nicht mehr sicher, ob es dir auch gefallen wird.“
„Ein eigenes Zimmer? Hier bei dir? Für mich? Für mich ganz allein?“, rief Grace begeistert aus. „Kann ich es sehen?“
Steve nickte und öffnete die Tür. Vorsichtig trat Grace ein und blickte sich ehrfurchtsvoll um. Die Wände des Zimmers waren in zartem rosa gestrichen. Den kleinen Schrank, den Schreibtisch und das Bett hatte Steve an einem freien Wochenende abgeschliffen und weiß lackiert.

„Und, gefällt es dir?“
„Das… das… das ist wunderschön, Onkel Steve! Danke!“, hauchte sie leise und hob ihre Arme, um ihn fest zu drücken. Er beugte sich zu dem kleinen und ganz offensichtlich überwältigten Mädchen hinunter und nahm sie liebevoll in den Arm. Sie drückte ihr Gesicht fest in seine Halsbeuge. „Hast du das alles alleine gemacht?“
„Naja, das Zimmer habe ich gestrichen und die Möbel habe ich auch selbst hergerichtet. Die Vorhänge und die Bettwäsche hat allerdings Kono ausgesucht. Die weiß einfach besser, was kleinen Krümeln gefällt“, murmelte er- froh, dass der Gedanke, der ihm schon so lange im Kopf herum spukte und den er vor ein paar Wochen endlich in die Tat umgesetzt hatte, Gracie eine so große Freude bereitete. Er drückte sie noch einmal an sich, bevor er sie dann vorsichtig von sich schob.

„Mach es dir ein wenig gemütlich und schau dich ruhig noch ein bisschen um. Gib mir Bescheid, wenn du dich umgezogen hast, dann gehen wir schwimmen. Ich bin nebenan, wenn du etwas brauchst.“
Grace umarmte Steve noch einmal schnell und drückte ihm einen schüchternen Kuss auf die rechte Wange. Zu mehr war sie im Moment einfach nicht fähig. Als Steve die Tür hinter sich zugezogen hatte, sank sie auf die Bettkante und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen.  In einem Bücherregal standen alte Kinderbücher von Steve und Mary, ein gemütlicher Schaukelstuhl stand neben dem Kleiderschrank und auf dem Nachttisch entdeckte sie ein Photo von ihrem letzten Geburtstag, auf dem sie mit Steve und Danny glücklich in die Kamera lächelte. Sie fühlte sich, als hätte sie soeben eines der besten Weihnachtsgeschenke überhaupt bekommen.

Nebenan saß Steve auf seinem Bett und starrte ins Leere.
Was hatte er sich nur dabei gedacht, sich zu dieser Reservistenübung zu melden? War der eben erlebte Moment nicht Grund und vor allem Beweis genug, an Weihnachten hier zu sein?
Das Knallen von Graces Zimmertür riss ihn aus seinen trüben Gedanken.
„Onkel Steve, wo steckst du, ich bin fertig. Wer zuerst im Wasser ist, hat gewonnen!“, hörte er sie lachend die Treppe hinunterpoltern.
Erschrocken sprang er auf, noch immer in Cargos und Poloshirt. Schnell schlüpfte er in seine Boardshorts, zog im Vorbeilaufen ein Handtuch vom Haken und folgte dem vor Freude kreischenden Mädchen hinunter zum Strand. Eine volle Stunde tollten die beiden zusammen durchs Wasser und ließen sich immer wieder von den Wellen an den Strand treiben. Als die Sonne langsam im Meer versank blieben beide erschöpft und schnaufend am Strand im noch warmen Sand liegen.

„O-Onk-kel S-Steve, ich gl-glaube mir i-ist k-k-kalt“, stotterte Gracie zähneklappernd.  Schnell sprang Steve auf, wickelte das kleine Mädchen lachend in das große Handtuch und rubbelte es vorsichtig trocken. Dann warf er sich den giggelnden Zwerg über die Schulter und rannte mit ihr zurück zum Haus.

„Ab mit dir unter die warme Dusche Krümel, sonst kannst du dich morgen mit einer dicken Rotznase neben deinen Danno legen!“, kommandierte er das Mädchen ins Bad.  
„Ich werde in der Zwischenzeit einmal nachsehen, was der Kühlschrank Essbares hergibt. Ich hab einen Bärenhunger! Komm einfach runter, wenn du fertig bist.“
Steve gönnte sich lediglich eine kurze Navy Shower und zog sich rasch an. Auf dem Weg in die Küche blieb er kurz vor der Tür des Gästebades stehen, aus dem nicht nur das gleichmäßige Rauschen des Wassers, sondern auch das ziemlich laute und leicht schiefe „In der Weihnachtsbäckerei“ zu vernehmen war.

Immer noch lächelnd öffnete er den Kühlschrank. Stirnrunzelnd musste er allerdings feststellen, dass sich aus den 2 Longboards, dem Glas Oliven, der Flasche Ketchup, der Packung Milch und dem vor sich hinschimmelnden Käse wohl kaum ein kinderfreundliches und nahrhaftes Abendessen zubereiten ließ.
„Krümel, was hältst du von Oliven und Bier zum Abendessen?“, rief Steve, der Grace durch den Flur tapsen hörte.
Nase rümpfend steckte das Mädchen seinen Kopf durch die Tür. „Bier ja, Oliven nahein- igitt!“
„Ok, netter Versuch Gracie, was sagst du dagegen zu einer Pizza für 2?“, fragte Steve und hob die Hand zum high five.
„Mit extra Ananas? Check!“, schlug sie begeistert ein.

Nachdem die Bestellung aufgegeben war, hielt Steve Grace das Telefon hin.
„Möchtest du deinen Daddy anrufen?“
Grace nickte und wählte Dannys Nummer. Es klingelte ganze sieben Mal, bis die krächzende und verschlafene Stimme ihres Vaters aus dem Lautsprecher erklang.
„Williams?!“
Dannooooo, wie geht es dir? Du hörst dich ja ganz schrecklich an! Geht es dir schon besser?“ Grace wartete gar nicht erst eine Antwort ab, sondern plapperte sogleich munter drauflos und erzählte mit glänzenden Augen in allergrößter Ausführlichkeit von Steves Überraschung und den Erlebnissen des bisherigen Tages.
Steve hatte den leisen Verdacht, dass es seinem Freund kaum besser ging, denn ein gesunder Danny, der sich im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte befand, hätte schon längst einen Grund gefunden, Steve für irgendeinen nichtigen Grund in den Senkel zu stellen. Vom anderen Ende der Leitung war jedoch nur hin und wieder ein mattes Brummen oder ein unterdrücktes Husten zu vernehmen. Danny musste also wirklich krank sein. Diese Erkenntnis ließ eine Welle des Mitleids für seinen Freund in Steve aufsteigen, der einfach zu müde schien, der lebhaften Plauderei seiner Tochter zu folgen. Nach Dannys nächstem Hustenanfall nahm er deshalb das Gespräch kurzerhand an sich.
„Hör zu Danny- was hältst du davon, wenn wir dir morgen noch einen Ruhetag gönnen und dich dann am Sonntag besuchen kommen?“
„Das hört sich nach einer guten Idee an, Steve. Es tut mir leid Äffchen, dass diese blöde Grippe uns einen so dicken Strich durch unser gemeinsames Wochenende gemacht hat. Ich mach’s wieder gut, versprochen!“
Grace, die empört die Backen aufblasen wollte, klappte ertappt ihren Mund wieder zu und nickte nur stumm.
„Ich hab dich lieb Äffchen und freu mich jetzt schon auf Sonntag.“
„Hab dich auch lieb Danno, schlaf gut!“  
„Mach dir keine Sorgen Danny. Gracie hat es hier gut bei mir. Ruf an, wenn du etwas brauchst! Gute Besserung.“


Den beiden blieb noch etwas Zeit, bis die Pizza geliefert werden sollte. Deshalb stiegen sie gemeinsam die Stufen zum Speicher hinauf, um das Kochbuch von Steves Großmutter zu suchen.
„In dieser alten Truhe müsste es sein“, murmelte Steve nachdem er sich in die hinterste Ecke des vollgestellten Raumes durchgekämpft hatte und versuchte, sich die Spinnweben aus den Haaren zu zupfen.
Vorsichtig pustete Grace die dicke Staubschicht vom Deckel der dunklen Holztruhe. Staub wirbelte durch die Luft. Sie öffnete den metallenen Riegel und spähte neugierig ins Innere. Obenauf lag eine dunkle Navy- Uniform.
"Ist das deine, Onkel Steve?“
„Nein, diese Uniform gehörte meinem Großvater. Er war auch bei der Navy, wie ich.“
„Bist du wegen ihm zur Navy gegangen? Wolltest du so sein, wie er?“,
fragte sie weiter.
Eigentlich hatte er nie über den eigentlichen Grund seiner Verpflichtung bei der Navy nachgedacht. „Ein bisschen vielleicht, ich weiß es gar nicht so genau“, antwortete er deshalb wahrheitsgetreu.
Vorsichtig strich Grace über die vielen Abzeichen und schob die Uniform dann leicht zur Seite, um tiefer in der Truhe graben zu können. Schon bald hatte sie das alte Kochbuch gefunden, in dem Steves Großmutter ihre Rezepte mit ihrer feinen Handschrift aufgeschrieben hatte. Die Seiten waren schon leicht vergilbt, teilweise zeugten Flecken davon, dass das Buch oft in Gebrauch gewesen war, aber alle Rezepte waren noch gut zu lesen.

„Wie viel Mühe sich deine Granny mit diesem Buch gegeben hat“, flüsterte Grace, die sich neugierig  durch die ersten Seiten blätterte und ehrfürchtig mit dem Finger über die vielen kleinen und lustigen Zeichnungen strich.
Steve lehnte an der Wand und beobachtete lächelnd das kleine Mädchen, das völlig vertieft Seite um Seite des alten Buches bestaunte. Eine riesige Welle der Zuneigung überrollte ihn und genoss dieses warme Gefühl, das sich in seinem gesamten Inneren ausbreitete.

Da klingelte es an der Tür- die Pizza war da!
Gemeinsam verschlossen sie die Truhe und Grace hüpfte mit wippenden Zöpfen, ihren entdeckten Schatz fest an sich gedrückt, die Stufen vor Steve hinunter ins Erdgeschoss.

Kurze Zeit später saßen sie in gefräßiger Stille einträchtig nebeneinander auf dem Sofa, hatten die Füße auf dem Couchtisch liegen und mampften ihre Ananas- Pizza.
„Dasch ischt dasch Beschte!“, schmatzte Grace mit vollen Backen.
„Was? Pizza mit extra viel Ananas?“, fragte Steve verwundert.
„Ananas- Pizza, AUF DEM SOFA!“, antwortete das Mädchen grinsend und wackelte mit ihren ringelbesockten Zehen. „Bei Danno wird am Tisch gegessen, denn wir sind ja schließlich nicht bei den Hottentotten“, versuchte sie Dannys strenge Stimme nachzuahmen und kicherte leise, weil sich das so komisch anhörte.
„Herzlichen Dank auch- der Oberchef der Hottentotten bekennt sich hiermit schuldig, jede Erziehungsmaßnahme deines Vaters in nur einem Tag komplett zunichte gemacht zu haben“, hob Steve schuldbewusst die Hände und fügte leise noch ein „und ich bin verdammt stolz drauf“ hinzu.
„Puuuh, ich bin pappsatt!“, stöhnte Grace, nachdem sie sich genießerisch den letzten Bissen ihrer Pizza in den Mund geschoben hatte.
„Das wundert mich nicht, nachdem du fast die ganze Pizza allein aufgefuttert hast“, lachte Steve und piekte seinen Zeigefinge in ihren Bauchnabel, der unter dem Rand ihres T-Shirts hervorlugte.

Nachdem die Überreste ihres Gelages entsorgt und die Fettfinger gewaschen waren, saßen die beiden eingekuschelt in eine Decke, gemeinsam wieder auf dem Sofa und blätterten sich durch das alte Kochbuch. Sie hatten beschlossen, sich zuerst einmal an eine einfache Sorte Weihnachtsplätzchen zu wagen. Da Steves Männerhaushalt ganz offensichtlich nicht für ausschweifende Backaktionen ausgestattet war, würden sie am nächsten Morgen erst einmal in den Supermarkt fahren müssen, um alles Wichtige einzukaufen. Grace hatte deshalb einen Notizblock auf den Knien und schrieb konzentriert alle Zutaten auf, die Steve ihr diktierte.
„Haben wir alles, Krümel?“, fragte Steve und klappte müde das Kochbuch zu.
Pflichtbewusst hakte sie noch einmal jeden Punkt auf ihrer Liste ab.
„Jepp!“, antwortete sie und legte gähnend Block und Stift auf den Tisch.
„Dann machen wir wohl besser Schluss für heute, Krümelchen! Ab ins Bad mit dir!“

Grace wurschtelte sich aus der Decke, stand auf und machte sich auf den Weg ins Bad. Nach wenigen Schritten drehte sie sich noch einmal um, lief zurück zum Sofa und sprang auf Steves Schoß.
„Danke, dass ich hier bei dir sein darf und dass du so lieb zu mir bist!“, flüsterte sie und drückte Steve fest an sich.
„Sehr gerne Krümel!“, murmelte er überrascht und sah dem Mädchen nach, das schon wieder von seinem Schoß gerutscht und halb die Treppe hinauf gehüpft war.

Wenig später lag sie in Marys altem Kinderbett und betrachtete die Sterne, die an der Zimmerdecke leuchteten.
„Mary hatte immer Angst im Dunkeln“, hatte er leise erzählt, als er sie ins Bett gebracht und ordentlich zugedeckt hatte. „Du sollst dich in deiner ersten Nacht in einer ungewohnten Umgebung nicht fürchten. Die Sterne machen die Dunkelheit ein kleines bisschen heller“, hatte er noch hinzugefügt, nachdem er ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn gedrückt und das Licht gelöscht hatte. „Schlaf gut, Krümelchen!“

Nun lag sie auf dem Rücken in ihrem Zimmer und starrte an die Decke. Sie war schrecklich müde, aber der Schlaf wollte einfach nicht kommen. Am Fußende ihres Bettes lehnte der Rucksack. Obwohl sie es tunlichst vermied, ihn anzusehen, hatte sie das Gefühl, ihn von innen heraus leuchten zu sehen- lila, nein, eher blaubeerfarben!
Morgen… morgen- ganz bestimmt, würde sie die Sache mit dem Blaubeerbrief wieder in Ordnung bringen. Dieses Versprechen gab sie sich selbst, bevor sie in einen tiefen Schlaf fiel.              

Am nächsten Morgen erwachte Grace von lautem Töpfeklappern, das aus der Küche zu kommen schien. Schnell schwang sie ihre Beine aus dem Bett und lief im Schlafanzug hinunter in die Küche.
„Guten Morgen Schlafmütze, hast du gut geschlafen?“, fragte Steve, der in Shorts und T- Shirt barfuß in der Küche stand und mit einem Pfannenwender in der Luft herum wedelte.
„Mmh“, murmelte Grace, schob sich auf einen Küchenhocker und versuchte, sich den Schlaf aus den Augen zu reiben.
„Pancakes oder Rühreier?“
„Beides, ich hab nämlich schon wieder Hunger“, grinste sie und rieb sich den Bauch, der zur Bekräftigung ihrer Worte laut knurrte.
„Das Mädel frisst mir noch die Haare vom Kopf!“, rief Steve in gespielter Verzweiflung und machte sich an die Arbeit.
Nach einem ausgiebigen und schrecklich gemütlichen Frühstück fuhren die beiden zum Supermarkt. Steve schob den Einkaufswagen durch die Gänge, während Grace geschäftig mit der Einkaufsliste durch die Gänge flitzte. Wenig später hatten sie alles beisammen und sogar noch ein paar Dinge für das Abendessen eingekauft.

Wieder zu Hause standen die beiden einträchtig am Küchentresen und überprüften die bereitgelegten Zutaten. Eier, Butter, Mehl, Backpulver, Zucker, Vanillezucker, geriebene Zitronenschale- alles da!
Grace rührte konzentriert mit dem Mixer die Zutaten zusammen, die Steve auf das Gramm genau mit der elektrischen Küchenwaage abgemessen hatte. Mehlstaub hatte sich bereits über die gesamte Arbeitsplatte und den Fußboden verteilt.
„Ich glaube, der Teig ist fertig, Onkel Steve. Jedenfalls schmeckt er ziemlich gut“, stellte Grace zufrieden fest, nachdem sie eine kleine Kostprobe genommen hatte. „Kannst du ihn zur Sicherheit noch einmal mit der Hand durchkneten?“ Steve tat, wie ihm befohlen und sah sie danach fragend an.
„Was nun?“
„Jetzt können wir ihn ausrollen und die Plätzchen ausstechen.“
Das Wellholz zum Ausrollen des Teiges lag bereit, aber an die Ausstecher hatte keiner der beiden gedacht.
„Ausstechen? Womit denn ausstechen?“, fragte Steve ahnungslos. „Mist, daran hab ich gar nicht gedacht, Krümel“, hob Steve entschuldigend die Schultern. „Lass uns mal die Schubladen durchsuchen, irgendwo müssten die Formen vielleicht noch sein.“

Minutenlang  wühlten sie sich durch sämtliche Küchenschubladen und – schränke, bis irgendwann das dumpfe „Ich hab sie!“, aus der hintersten Ecke des letzten Schrankes zu vernehmen war und Grace triumphierend ihre Faust mit den Formen in die Luft reckte.
Geschäftig rollten sie anschließend den Teig aus und füllten Blech um Blech mit Herzen, Sternen und Engeln. Ab und zu mogelte sich auch ein Osterhäschen zwischen die weihnachtlichen Figuren. Bald war Steves Küche von herrlichem Plätzchenduft erfüllt und er wunderte sich wieder einmal, wie sehr er sich von Gracies kindlicher Freude anstecken ließ. Das geschäftige Treiben weckte Erinnerungen in ihm, an längst vergangene, aber dennoch glückliche Kindertage, als er mit seiner Mutter und seiner Schwester Mary hier in der Küche stand und Plätzchen backte. Auch wenn er es sich nur ungern eingestehen wollte, ein klitzekleines bisschen Weihnachtsstimmung kam sogar bei ihm auf.

Eben rollten sie das letzte Fitzelchen Teig aus. Es reichte gerade noch für ein paar wenige Plätzchen.
„Was machst du denn da Onkel Steve?“, fragte Grace und linste ihm neugierig über die Schulter.
„Das werden meine ultimativen Danno-Gute- Laune-Plätzchen, Krümel!“, antwortete Steve und schnippelte weiter hochkonzentriert an dem Teigfladen vor ihm herum.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber sind das wirklich kleine Handgranaten?“, kicherte sie.
„Perfekt, man kann sie also erkennen!“, stellte Steve zufrieden fest. „Ich habe schließlich einen Ruf bei deinem Daddy zu verteidigen!“

Es fing gerade an zu dämmern, als Grace sich mit einem zufriedenen „Fääärtig!“, das letzte, eben mit rotem Zuckerguss verzierte Herzchen, in den Mund schob und genüsslich schmatzte. Zugegeben, die Plätzchen sahen nicht aus wie von der Konditorei. Einige waren krumm und schief, andere hatten dunkle Ecken, weil Steve und Grace sie zu spät aus dem Ofen geholt hatten, aber sie waren allesamt mit viel Liebe selbst gemacht und das war es, was zählte.
Glücklich und erschöpft betrachteten sie den beachtlichen, bunten Plätzchenberg, der sich hoch auf dem Esstisch türmte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Backen so anstrengend sein kann“, murmelte sie erschöpft und ließ sich auf einen Küchenhocker sinken. „Außerdem ist mir schlecht, ich habe wohl zu viele Plätzchen probiert!“
„Und wir sind leider noch nicht fertig!“, bemerkte Steve nüchtern, als er seinen Blick durch die Küche schweifen ließ, die aussah, als sei eine seiner Handgranaten darin explodiert. Teig klebte auf dem Boden, alles war mit Mehlstaub bedeckt und Zuckerguss und Schokolade liefen um die Wette an den Küchenschränken hinunter. Auch der kleine Krümel sah aus wie ein Weihnachtsplätzchen: Mehl in den Haaren und auf der Nase, ein schokoladenverschmiertes Gesicht und wahrscheinlich mehr Zuckerguss an den Händen, als auf den Plätzchen. Aber sie strahlte ihn mit glücklichen Augen an und sein Herz machte einen kleinen Hüpfer.
Im Supermarkt hatten sie ein paar Blechdosen erstanden, die sie nun mit Kostproben für Kono, Chin und Flo füllten. Danny bekam eine besonders große Dose mit Keksen. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht legte Steve die selbstgebackenen Handgranaten-Plätzchen ganz zuletzt hinein und verschloss die Dose mit dem Deckel.

„Und du mein kleiner Weihnachtsplätzchenkrümel, du verziehst dich jetzt am besten ins Bad und befreist dich von dem ganzen Mehl und Zuckerzeug, während ich versuche, die Küche wieder in ihren Urzustand zu versetzen.“ Mit diesen Worten schob er das kleine Mädchen in Richtung Treppe.
„Hast du eigentlich noch Hunger? Soll ich uns noch etwas zum Abendessen machen?“
„Nein danke Onkel Steve. Ich fürchte, ich hab zu viele Plätzchen genascht!“
, stöhnte sie und verschwand in ihrem Zimmer.

Nachdem Steve das benutzte Geschirr in die Spülmaschine geräumt, und den gröbsten Schmutz beseitigt hatte, ging er nach oben, um nach dem kleinen Mädchen zu sehen. Er schob die Tür einen Spalt auf und blieb am Türrahmen stehen. Grace lag im Bett und war bereits eingeschlafen. Die Nachttischlampe brannte noch. Er trat ein und setzte sich vorsichtig auf die Bettkante, um das schlafende Mädchen nicht zu wecken. Eine Weile saß er da und lauschte ihren gleichmäßigen Atemzügen. Dann drückte er ihr einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn, zog noch einmal die Decke zurecht und löschte das Licht.
„Schlaf gut mein Krümel“, flüsterte er leise, bevor er auftsand und auf Zehenspitzen hinausging.

Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, setzte sich auf die Veranda und lauschte dem gleichmäßigen Rauschen der Wellen, die in immer wiederkehrendem Rhythmus an den Strand klatschten. Er holte sein Handy aus der Hosentasche und schaute auf das Display. Kein Anruf von Danny. Er schlief bestimmt und das war gut so. Er war dankbar für dieses Wochenende mit Gracie und genoss jede Sekunde mit dem kleinen Wirbelwind, der das sonst so leere und stille Haus mit so viel Leben und Fröhlichkeit füllte. Natürlich war er sich bewusst, dass er nicht einfach heimlich, still und leise in einer Nacht- und Nebelaktion verschwinden konnte, sondern dass er mit Gracie reden und ihr erklären musste, warum er das Weihnachtsfest nicht mit ihr und Danny verbringen könnte. Ob sie seine Gründe verstehen würde? Er verstand sie ja mittlerweile selbst nicht mehr so richtig. In diesem Moment bereute er seine Entscheidung zutiefst und nicht nur das, auch die Tatsache, dass er diese Entscheidung allein getroffen hatte, ohne mit irgendjemandem darüber zu reden- mit Danny zum Beispiel. Er hätte ihm höchstwahrscheinlich auf seine ganz und gar typische Danny- Art den Kopf gewaschen und dieses Thema mit einem ausschweifenden Armwedeln vom Tisch gefegt.
Seufzend nahm er einen letzten Schluck von seinem Bier und erhob sich, um selbst ins Bett zu gehen. Es gab für ihn keinen Weg zurück, auch wenn diese Tatsache ihn bis ins Mark schmerzte. Aber er konnte versuchen, die Zeit bis zu seiner Abreise für seinen Krümel so schön zu gestalten, wie nur irgend möglich.

Das Geräusch von klirrendem Geschirr, das gerade auf den Fliesen des Küchenbodens zerschellte, ließ Steve am nächsten Morgen aus dem Schlaf hochfahren. Nachdem er sich stundenlang unruhig hin und her gewälzt hatte, war er erst in den frühen Morgenstunden in einen unruhigen Schlaf gefallen. Ein kurzer Blick auf die leuchtenden Zahlen seines Weckers zeigte ihm, dass er sehr lange geschlafen hatte. Offensichtlich zu lange. Schnell sprang er aus dem Bett und lief barfuß die Stufen nach unten.

„Gracie? Krümel- ist etwas passiert?“ Wie angewurzelt blieb er im Türrahmen der Küche stehen. Der gesamte Raum war weihnachtlich dekoriert, Lamettagirlanden hingen an den Fenstern, hier und da stand ein Engel auf der Arbeitsplatte und auf dem bereits gedeckten Tisch stand der alte Adventskranz. Das kleine Mädchen stand inmitten des umdekorierten Raumes und starrte ihn schuldbewusst an. Ein Teller lag zerbrochen vor ihren nackten Füßen.

„Bleib stehen und beweg dich nicht. Ich lass das kleine Missgeschick schnell verschwinden“, rief Steve und fegte rasch die Scherben zusammen. „Was hast du denn mit meiner Küche veranstaltet, du kleiner Weihnachtswichtel?“, fragte Steve lächelnd und schaute sich aufmerksam um.
„Ich habe am Freitag auf dem Speicher die Kiste mit euren Weihnachtssachen entdeckt und gedacht, dass ich dich damit überrasche. Zum Glück hast du so lange geschlafen, denn ich bin fast fertig geworden. Gefällt es dir?“
Steve fehlten in diesem Moment die Worte und deshalb nahm er das kleine Mädchen einfach nur fest in den Arm. In der Küchenschublade fanden sie noch ein paar Kerzen, die sie auf den Adventskranz steckten und saßen nun gemütlich beim Adventsfrühstück.

„Kannst du dir vorstellen, dass es Menschen gibt, die Weihnachten nicht mögen, Onkel Steve?“, fragte Grace unschuldig und schob sich ein buntes Plätzchen in den Mund. „Kerzen, Plätzchen, Geheimnisse und viele, viele Geschenke- ich liebe Weihnachten!“, fügte sie grinsend hinzu. Da das kleine Mädchen munter weiterplapperte war er froh, ihr in diesem Moment eine Antwort schuldig bleiben zu können. Geheimnisse…

Nachdem sie gemeinsam den Tisch eingeräumt und das Geschirr gespült hatten, sah Gracie Steve erwartungsvoll an: „Was machen wir jetzt?“
„Ich weiß, dass ich mich mit der Zeitung und einer weiteren Tasse Kaffee auf die Veranda verziehen werde. Du mein Krümel gehst nach oben und holst deine Schulsachen- die Hausaufgaben, schon vergessen? Da kennt der Oberchef der Hottentotten keine Gnade!“, sagte Steve und hob gespielt streng eine Augenbraue.
„Ooooch menno“, maulte Grace und setzte sich grantelnd in Bewegung.

Nun saß sie mit gehörigem Magengrummeln auf dem Bett und hatte ihren Rucksack auf den Knien. Das Magengrummeln kam nicht von den vielen Plätzchen, die sie beim Frühstück genascht hatte, sondern von diesem verflixten Blaubeerbrief, der an ihrem Mathebuch klebte, das sie soeben aus der Tasche gezogen hatte. Vorsichtig zog sie daran und hörte das leise „raaatsch“, als der Umschlag zerriss. Nun gab es wohl kein Zurück mehr. Auch wenn sie wusste, dass man fremde Post nicht lesen durfte, so gewann doch die Neugier die Oberhand über ihre gute Erziehung. Sie schielte noch einmal zur verschlossenen Tür und faltete dann vorsichtig das mit lila Flecken übersäte Blatt Papier auseinander. Ganz oben konnte sie das Zeichen der Navy erkennen. Neugierig geworden las sie weiter Meldung zu einer Reservistenübung, stand ganz oben. Sie wusste nicht, was eine Reservistenübung war und auch aus den vielen anderen komischen Wörtern und Zahlen in den einzelnen Feldern wurde sie nicht so recht schlau. Noch einmal las sie sorgfältig und konzentriert jedes einzelne Wort und plötzlich dämmerte ihr, was Steve getan hatte. Er hatte sich freiwillig gemeldet, um bei der Navy irgendetwas zu üben. Er würde am 21. Dezember gehen und erst im neuen Jahr, am 4. Januar wiederkommen. Das bedeutete, dass ihr Onkel Steve an Weihnachten nicht da sein würde. Der Schreck fuhr ihr in alle Glieder, das Herz wurde ihr schwer und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Hatte er sie denn überhaupt kein bisschen lieb?

„Krümel, wo bleibst du?“, riss Steves Stimme von unten sie aus ihren traurigen Gedanken.
Erschrocken und ertappt hüpfte Grace vom Bett. Unschlüssig sah sie sich im Zimmer um und ließ den Brief kurzerhand unter der Bettdecke verschwinden. Dann wischte sie sich schnell die Tränen von den Wangen und atmete einmal tief durch.
Danno, sie musste unbedingt mit Danno reden. Allein fühlte sie sich dieser Situation plötzlich überhaupt nicht mehr gewachsen.
„Was ist? Willst du dich um deine Aufgaben drücken?“, kam es erneut aus dem unteren Stockwerk.
„Ich komm ja schon!“, rief sie betont fröhlich und ging langsam zur Tür.
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BeitragThema: Re: DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte   DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Icon_minitimeSo Dez 15, 2013 2:43 pm

Ohaa, mittlerweile bin ich aus dem Adventsthema sowas von raus...
Auch mit dem Fluff und den rosa Wattewölkchen will es gerade nicht so recht klappen.
Heute stehen die Zeiger der Story- Uhr eher auf Drama!
Aber keine Angst- es wird bestimmt alles wieder gut!
Vielleicht...  Zwinker 
Viel Spaß beim Lesen und einen schönen dritten Advent.





Kapitel 3
   
Grace saß, das Kinn auf die offenen Handflächen gestützt, gedankenverloren auf ihrem Stuhl im hinteren Drittel des Klassenzimmers. Mit zusammengekniffenen Augen und angestrengt bis in die Haarspitzen versuchte sie, den Minutenzeiger der Wanduhr über der Tür dazu zu überreden, eine neue Bestzeit im Rundensprint zu erzielen. Alles, was sie jedoch mit ihrem stümperhaften Hypnosetalent erreichte war, dass dieser trotzig beschlossen hatte, sich keinen Millimeter von der Stelle zu bewegen. Es war gerade einmal halb zehn und der letzte Schultag der Woche wollte einfach nicht enden.
Frustriert legte sie den Kopf auf den Tisch. Vielleicht war dieser gottverdammte  Minutenzeiger nur schüchtern und lief das Rennen seines Lebens, wenn sie einfach nicht hinsah und ihn geflissentlich ignorierte.

*   *   *   *   *   *   *   *   *   *

Etwa zur selben Zeit saß Steve in seinem Büro und starrte auf den Bildschirm seines Computers, ohne wirklich zu registrieren, was er sich da in den letzten Minuten aus den Fingern gesogen hatte. Heute Morgen war Kono aus heiterem Himmel äußerst gut gelaunt in sein Büro gestürmt und hatte ihn erwartungsvoll angesehen. Dann hatte sie endlich mit der Sprache herausgerückt und ihn eingeladen, Heiligabend gemeinsam mit ihr, Chin und ihrer riesengroßen Familie zu verbringen. Natürlich war diese Einladung so sicher gewesen, wie das Amen in der Kirche, doch trotzdem war er gerade heute überhaupt nicht darauf gefasst. Hektisch hatte er versucht, auf die Schnelle eine glaubhafte Ausrede zu erfinden, warum er diese Einladung nicht annehmen könne. Er hätte noch eine andere Feier, auf der er unbedingt erscheinen musste, war das Beste, was er in diesem Überraschungsmoment von sich geben konnte. Aber selbst für ihn klang seine gestammelte Entschuldigung schrecklich dünn und unglaubwürdig. Kono bedachte ihn lediglich mit einem schiefen, leicht misstrauischen Blick, bohrte aber nicht weiter nach. Vorerst. Er war sich sicher, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen war und schwor sich, sich eine Ausrede für sein Nichterscheinen am Heiligabend auszudenken, welche auch den misstrauischsten Menschen Glauben machen würde,  dass er sich am 24. Dezember in allerbester Gesellschaft befände. Aber das war momentan sein kleinstes Problem.

Vielmehr machte er sich Gedanken um seinen Krümel. Das letzte Wochenende mit dem kleinen Mädchen war einfach wunderschön gewesen. Schon lange hatte er sich nicht mehr so entspannt und losgelöst von allem gefühlt. Und er- der Weihnachtsmuffel schlechthin- hatte am eigenen Leib spüren müssen, dass es so etwas wie Vorfreude auf Weihnachten oder wenn man es altmodisch ausdrücken wollte, Besinnlichkeit gab.
Trotzdem war irgendwann am frühen Sonntagmittag die Stimmung ein wenig gekippt. Grace schien plötzlich verändert, so ruhig vielleicht sogar ein wenig traurig und er war sich nicht sicher, ob er sich das alles vielleicht nur eingebildet hatte. Nachdem sie gemeinsam über ihren Matheaufgaben gebrütet hatten, war es Zeit, die Taschen zu packen und zu Danny zu fahren, dem es zwar besser, aber noch längst nicht wieder gut ging. Danny hatte sich schrecklich viel Mühe gegeben, sich ab und zu in ihre Unterhaltung einzubringen, doch irgendwann hatte er den Kampf gegen die bleierne Müdigkeit verloren und war auf dem Sofa eingeschlafen. Daraufhin brachte Steve Gracie nach Hause zu ihrer Mom. Ihre Verabschiedung an der Tür war herzlich und Grace hatte sich mit einer festen Umarmung bei ihm für das tolle Wochenende und das verfrühte Weihnachtsgeschenk bedankt. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass den kleinen Krümel irgendetwas bedrückte und dieser nicht schnell genug hinter der ins Schloss fallenden Tür verschwinden konnte. Hatte er irgendetwas falsch gemacht?

*   *   *   *   *   *   *   *   *   *
 
Der spitze Ellbogen ihrer besten Freundin und Banknachbarin Lucy traf sie schmerzhaft in die Rippen und ließ sie bestürzt aus ihrer Lethargie hochschrecken.
„AU! Sag mal spinnst du?“, entfuhr es ihr laut- offensichtlich etwas zu laut, denn Lucy blickte nur mit vor Schreck geweiteten Augen nach vorn. Grace folgte dem Blick der Freundin und musste feststellen, dass es ihr anders erging, als dem Minutenzeiger der Wanduhr- denn sie wurde NICHT ignoriert. Nicht von Mrs. Derkins, die sie mit ihrem gefürchteten Stirnrunzeln ansah, welches nie Gutes verhieß und auch nicht von der gesamten Klasse, deren ungeteilte Aufmerksamkeit sie nun innehatte. Mrs. Derkins erwartete wohl eine Antwort, die Grace ihr leider nicht geben konnte, da sie ja noch nicht einmal die Frage mitbekommen hatte.
„Wenn du schon nicht dem Unterrichtsgeschehen folgen möchtest oder kannst, dann möchte ich dich wenigstens bitten, diesen auch nicht zu stören, Grace! Komm bitte nach der Stunde zu mir!“ Die strengen Worte ihrer sonst so netten Lehrerin trafen Grace hart. Betreten senkte sie den Blick.

Auch wenn sie sich schrecklich viel Mühe gab, den Worten ihrer Lehrerin in den verbleibenden Minuten der Unterrichtsstunde zu folgen, es gelang ihr nicht wirklich. Irgendwann erlöste sie das Pausenklingeln aus ihren trüben Gedanken.
Lärmend stürmten ihre Klassenkameraden aus der Tür, hinaus auf den Pausenhof. Lucy raunte ihr ein „Ich warte vor der Tür auf dich!“, zu, doch Grace schüttelte kaum merklich den Kopf.  
Nachdem es im Zimmer endlich still geworden war und auch der etwas schwerfällige Kevin den Weg nach draußen gefunden hatte, stieß Grace einen tiefen Seufzer aus und erhob sich, um langsam, mit gesenktem Kopf zum Pult ihrer Lehrerin zu schlurfen. Mrs. Derkins tat erst beschäftigt, nahm aber dann ihre Brille von der Nase und legte sie betont langsam auf den Tisch. Dann nahm sie beide Hände des kleinen Mädchens in die ihren und zwang sie somit, ihr in die Augen zu sehen.

„Grace Kleines“, begann sie leise, „ich habe schon die ganze Woche bemerkt, dass du nicht so fröhlich bist, wie sonst. Hast du ein Problem? Kann ich dir irgendwie helfen?“
Grace, die mit einer dicken, fetten Standpauke gerechnet hatte, hob erstaunt eine Augenbraue. Einen winzig kleinen Moment war sie versucht, sich dieses große und extreme Bauchschmerzen verursachende Problem, das sie in den letzten Tagen beschäftigte, von der Seele zu reden, doch einem plötzlichen Impuls folgend, kniff sie die Lippen nur noch etwas fester zusammen und verwarf diesen Gedanken wieder.

„Mein Dad war am letzten Wochenende ziemlich krank und deshalb konnte ich ihn nicht besuchen. Er fehlt mir!“, flüsterte sie kaum hörbar.  

Natürlich war dies eine klitzekleine Notlüge, die sie hier gerade ganz schnell erfinden musste. Aber es war keine böse Notlüge, sondern einfach nur ein winziges Fünkchen der gesamten Wahrheit, weshalb sich Graces schlechtes Gewissen, ihre Lehrerin angelogen zu haben, in akzeptablen Grenzen hielt.  

„Geht es ihm denn wieder besser?“, fragte Mrs. Derkins besorgt.
„Ja, Danno geht es fast schon wieder ganz gut. Flo, seine Nachbarin, hat sich gut um ihn gekümmert, weil ich es nicht durfte. Danno hatte Angst, dass er mich anstecken könnte“, erwiderte Grace mit einem schüchternen Lächeln.
„Es freut mich, dass es deinem Dad wieder besser geht. Hoffentlich ist er bald wieder ganz gesund, dass du ihn besuchen kannst!“ Mrs. Derkins strich Grace sanft über den Kopf und schob ihre Schülerin in Richtung Tür. „Und nun ab mit dir nach draußen, bevor die Pause wieder zu Ende ist!“

Auf ihrer Unterlippe kauend blickte Grace den langen Flur des Schulgebäudes entlang. Auf dem Schulhof hörte sie die anderen Kinder lachen und kreischen. Hier drin war es ruhig- angenehm ruhig. Sie hatte wenig Lust sich den Spott ihrer Klassenkameraden anzuhören oder sich von Lucy ausquetschen zu lassen, was Mrs. Derkins mit ihr zu besprechen hatte. Eigentlich wollte sie einfach nur ein paar Minuten Zeit für sich- sie musste nachdenken.
Auf Zehenspitzen schlich sie über den Flur und drückte die Türklinke des benachbarten Klassenzimmers hinunter. Sie hatte Glück, es war offen. Vorsichtig schob Grace den Kopf durch die Tür und stellte erleichtert fest, dass es leer war. Schnell schlüpfte sie hinein und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand. Ganz langsam sank sie zu Boden, umschlang ihre Beine fest mit beiden Armen und legte den Kopf auf die Knie.
Das letzte Wochenende war wunderschön gewesen, mit eines der besten Wochenenden überhaupt. Zumindest bis zu dem Moment, als sie den Brief geöffnet, gelesen und registriert hatte, dass Steve etwas vor ihr verheimlichte. Ab diesem Zeitpunkt hatte sie einfach nur noch versucht, fröhlich zu sein und so zu tun, als wäre alles wie immer. Doch das war es nicht. Ihr war zum Heulen zumute, diese blöde Christbaumkugel steckte schon wieder in ihrem Hals fest und ließ sich einfach nicht hinunterschlucken. Sie sehnte sich nach Danno, nach einer festen Umarmung und einem gemurmelten „Alles wird wieder gut, Äffchen!“. Doch Danno war zu krank und zu müde um sich ihrer Probleme anzunehmen, außerdem war sie keine Sekunde mit ihm allein. Und so saß sie am Sonntagnachmittag unbehaglich neben Steve im Auto und versuchte, seine besorgten Seitenblicke zu ignorieren, die er alle paar Minuten in ihre Richtung warf. Er hatte es bemerkt…

Erst als sie sich endlich von ihm verabschiedet und ihre Zimmertür hinter sich geschlossen hatte, warf sie sich schluchzend auf ihr Bett und ließ ihren Tränen freien Lauf.
 
So sehr sie auch versuchte, einen Sinn hinter Steves Reise zu sehen, sie konnte es nicht. Weihnachten verbrachte man mit den Menschen die man liebte, die einem wichtig waren, mit der Familie. Punkt!
Sie und Danno waren doch seine Familie! Keine richtige Familie natürlich, aber irgendetwas, das sich ganz tief in ihr drin nach Familie anfühlte- das sich einfach richtig anfühlte. Sie liebte ihren Onkel Steve fast so sehr, wie sie ihren Danno liebte. Wusste er das denn nicht? Hatte sie es ihm es vielleicht nicht deutlich genug gezeigt? War es am Ende ihre Schuld, dass er an Weihnachten nicht da sein würde? Warum nur hatte er sich für diese Übung gemeldet?
Das Gedankenkarussell begann sich schon wieder zu drehen, wie so oft in der vergangenen Woche. War es erst einmal in Fahrt drehte es Runde um Runde, bis sich Grace völlig schwindlig und wirr im Kopf fühlte. Sie fand keine Antworten auf ihre vielen Fragen und fühlte sich unsicher, wem sie sich anvertrauen sollte. Je mehr Tage verstrichen, desto größer wurde der Schmerz, der sich wie ein winziger und gemeiner Parasit tief in ihrer kleinen Kinderseele eingenistet hatte. Sie MUSSTE sich irgendjemandem öffnen und Danno schien wirklich der einzige Mensch auf dieser Welt zu sein, dem sie dieses schreckliche Geheimnis anvertrauen wollte. Zu dumm, dass sich im Laufe der Woche nie die Gelegenheit zu einem vertraulichen Gespräch zwischen den beiden ergeben hatte. Grace stieß einen tiefen Seufzer aus und drückte ihre Stirn noch ein wenig fester auf ihre Knie.

Da klingelte es- die Pause war vorüber. Schwerfällig schob sie sich an der Wand nach oben und schrie leise auf, als das aufgestaute Blut wieder durch ihre Beine floss. Sie humpelte zur Tür und mischte sich unbemerkt unter die Kinder, die lärmend über den langen Flur tobten.
Sie ging zurück in die Klasse, zog ihren Rucksack unter der Bank hervor und machte sich auf den Weg zur Theater- AG in die Aula. Dieses Jahr sollte das Stück „Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat“ aufgeführt werden. Grace hatte nur eine kleine Rolle in dem Stück abbekommen, die leicht neu zu besetzen war. Natürlich gab es dafür auch einen besonderen Grund- sie war für eine größere Rolle nicht zu schlecht, sondern als Zweitbesetzung für die Hauptrolle des Grinch vorgesehen, sollte Neal Jennings aus der Parallelklasse plötzlich krank werden. Doch dieser Fall würde nicht eintreten, denn Neal hatte noch nie einen Schultag versäumt und war auch sonst die Zuverlässigkeit in Person. Trotzdem hatte Grace fleißig gelernt und konnte den gesamten Text auswendig mitsprechen, wenn Neals Part geprobt wurde- man konnte ja schließlich nie wissen!

„Grace, gut dass du kommst!“, kam ihr Mr. Plotter, der Leiter der Theater- AG aufgelöst entgegengerannt. Seine eh schon unfrisierten grauen Haare standen in alle Richtungen von seinem Kopf ab, er war noch blasser als sonst und machte den Eindruck, als würde er gleich, hier und jetzt in Ohnmacht fallen.
Fragend sah sie ihren Lehrer an und wartete einfach ab, was da noch kommen würde.
„Hast du es gehört? Warst du dabei?“, sah er sie fragend an. „Du hast es wirklich noch nicht gehört? Du hast es tatsächlich noch nicht gehört!“, stellte er atemlos fest.
„Nein, was denn?“, zuckte sie nur mit den Schultern.
Neal Jennings ist gleich zu Beginn der Pause vom Klettergerüst gestürzt und wurde mit einem gebrochenen Bein und einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus gefahren! Es ist eine Katastrophe! Eine schreckliche Katastrophe- die Hauptrolle…! Was für ein schlechtes Omen!“

Mr. Plotter hob theatralisch beide Hände in die Luft und verdrehte die Augen. Grace biss sich schnell in die Backe, um bei diesem lächerlichen Anblick, den der alte Mr. Plotter gerade bot, nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Sie mochte Neal gerne und hatte kein Problem damit, dass er die Hauptrolle bekommen hatte, denn er spielte den Grinch wirklich toll. Und es tat ihr leid, dass er nun im Krankenhaus lag. Doch der alte Plotter und seine übertriebene Panik waren einfach zu komisch.

„Mr. Plotter, jetzt entspannen sie sich doch!“ Grace fühlte sich wie eine Erwachsene, die beruhigend auf ein heulendes Kind einredete, das sich gerade das Knie aufgeschlagen hatte. „Ich habe noch keine Probe verpasst und meinen Text wirklich gut gelernt. Ich schaffe das!“, versicherte sie mit einer extra Portion Nachdruck in der Stimme, um ihren Lehrer vor dem sicheren Herztod zu bewahren und die schlagartig in ihr aufwallende Aufregung zu unterdrücken, die plötzlich wie eine Horde Ameisen durch ihren gesamten Körper krabbelte.

Die anderen Kinder warteten bereits in der Aula und der riesige Raum glich einem Bienenstock, in dem es aufgeregt summte und brummte. Mit viel Verspätung konnte die Probe dann beginnen und Grace gab ihr Allerbestes, um Mr. Plotter und die anderen Kinder davon zu überzeugen, dass sie einen ebenso guten Grinch abgeben würde, wie Neal das bisher getan hatte.
Mit glühenden Wangen ließ sie sich nach der Probe glücklich auf einen Stuhl plumpsen.

„Grace, hier ist dein Kostüm, kannst du es mal anprobieren?“

Sie nahm den flauschigen roten Anzug entgegen und zog ihn über ihre Shorts. Die Hosenbeine waren mindestens einen Meter zu lang und auch in der Jacke verschwand sie fast komplett.

„Verflixt!“, murmelte Mr. Plotter erstaunt. „Da müssen wir uns wohl etwas einfallen lassen, sonst bekommt das Publikum außer einem roten Anzug nicht viel von unserem Grinch zu sehen! Kann deine Mutter nähen?“

Grace blickte unzufrieden an sich hinunter und nickte zögernd. Sie war sich nicht sicher, ob ihre Mutter das Kostüm auf ihre Größe zurechtschneidern konnte, aber zur Not würde sie einfach Flo fragen. Dann hatte sie wenigstens auch noch einen Grund, um ihren Danno zu besuchen. Und der Gedanke gefiel ihr außerordentlich gut.

*   *   *   *   *   *   *   *   *   *

„Steve...?“
„Steve…?“
„STEVEN!!!“
„Schon mal was von Anklopfen gehört?“
, brummte Steve missmutig und versuchte damit zu überspielen, dass er sich ertappt fühlte, untätig herumzusitzen und Löcher in die Luft oder vielmehr in den Monitor zu starren.
„Das hab ich, Dornröschen. Eine gefühlte Ewigkeit lang, aber du warst ja nicht bereit, aus deinem hundertjährigen Schlaf aufzuwachen!“, grantelte Danny.
Wie hatte er es in der letzten Woche doch vermisst- Dannys Gemuffle…
„Ich wollte dir nur schnell Bescheid geben, dass ich jetzt gehe. Rachel hat es nun auch erwischt und sie hat mich gebeten, Grace dieses Wochenende zu nehmen. Nach dem grippegeschwängerten Schlamassel von letzter Woche kommt mir das gerade recht, ich hab wohl was bei meinem Äffchen gut zu machen. Die Schule ist gleich aus!“  
„Oh, das ist… das ist toll Danny! Richte dem Krümel liebe Grüße von mir aus und drück sie fest. Falls ihr nichts mit euch anzufangen wisst, ich bin dieses Wochenende zu Hause“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
„Danke Steven, aber die Plätzchen ganz oben in meiner Dose, die nebenbei bemerkt hervorragend geschmeckt haben, waren Beweis genug, dass der Umgang mit dir meiner Tochter nur bedingt und in äußerst kleinen Dosen zuzumuten ist. Wir sehen uns am Montag!“
Danny winkte Steve noch einmal grinsend zu, bevor er das Büro in Richtung Wochenende und seinem kleinen Äffchen verließ.

*   *   *   *   *   *   *   *   *   *

Grace hatte sich zwischenzeitlich wieder aus dem Kostüm geschält und es vorsichtig in die viel zu kleine Papiertüte gepfriemelt. Sie schulterte ihren Rucksack, schnappte sich die Tüte mit dem Kostüm, wünschte Mr. Plotter ein schönes Wochenende und verließ die inzwischen leere Aula. Als die schwere Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, atmete sie einmal tief durch.
„Ufff!“ Die Hauptrolle- sie, Grace Williams, hatte tatsächlich die Hauptrolle in der Weihnachtsaufführung ihrer Schule!!! Jauchzend sprang sie einmal hoch in die Luft, dann noch einmal und noch einmal. Dann fasste sie schnell an die Potasche ihrer Shorts, in der die Eintrittskarten für Danno, ihre Mom und…

… Steve steckten. Steve würde dabei sein! Er konnte ihren großen Auftritt einfach nicht verpassen- er DURFTE ihren großen Auftritt einfach nicht verpassen!
Dann rannte sie lachend und ausgelassen zum Haupteingang.  
Erstaunt riss Grace die Augen auf, als sie den silbernen Camaro ihres Daddys um die Ecke biegen und am Straßenrand anhalten sah!

„Äffchen sorry, ich bin zu spät!“, rief Danno ihr entschuldigend zu, als er ausgestiegen war.
„Dannnoooooooo!“, quiekte Grace überglücklich und warf sich ihrem Vater in die Arme.
„Ich hab sie! Ich hab die Hauptrolle! Ich bin der Grinch!“ Lachend schälte sie sich aus der festen Umarmung ihre Vaters und hüpfte aufgeregt wie ein Gummiball vor ihm auf und ab.
„Du? Du bist… der Grinch? Dafür bist du zu wenig grün im Gesicht Äffchen!“, bemerkte Danny trocken und warf seiner aufgeregten Tochter einen amüsierten Blick zu.
„Neal ist heute in der Pause vom Klettergerüst gefallen und hat sich ein Bein gebrochen! Er liegt im Krankenhaus! Er wird an der Aufführung nicht dabei sein. Kannst du nähen, Danno?“
„Nähen? Ich? Äffchen, du weißt, dass ich gerade mal einen abgefallenen Knopf an ein Hemd annähen kann. Zu mehr reicht es leider nicht. Warum fragst du?“, sah Danny sie verwirrt an.
„Neal ist mindestens sooo groß“, antwortete Grace und hob ihren ausgestreckten Arm über den Kopf. „Und sooo breit!“, fügte sie hinzu und machte eine ausladende Geste um ihren Körper. „Sein Kostüm passt mir nicht! Ich ertrinke fast darin! Man muss es ändern!“
„Das ist dann wohl ein Fall für deinen Onkel Steve, Äffchen. Der kann sowas, der ist schließlich bei der Army!“
„Das ist die Navy, die NA-VY, Danno!“
, erwiderte Grace trotzig und augenblicklich legte sich ein Schatten über ihr Gesicht.
„Danno…!“
„Ja, mein Äffchen, was ist?“
„Danno…! Ich muss dir was sagen!“

Eine feine Röte hatte sich über das Gesicht des kleinen Mädchens gelegt und verunsichert starrte sie auf ihre nackten Füße in den pinken Flip Flops, die plötzlich ungeheuer interessant zu sein schienen.  
„Was ist denn los, mein Schatz? Hast du etwas ausgefressen?“, fragte Danny besorgt und ging vor seiner Tochter in die Hocke.  
„Ich weiß es nicht! Das heißt- ich bin mir nicht so ganz sicher… “, flüsterte Grace kaum hörbar.
„Kann dein Problem warten, bis wir zu Hause sind?“

Viel zu lange hatte Grace dieses Geheimnis mit sich herumgeschleppt, da kam es auf ein paar Minuten mehr oder weniger auch nicht mehr an. Deshalb nickte sie nur stumm und ließ sich auf die Rücksitzbank des Camaros sinken. Danny half ihr beim Anschnallen und fuhr los. Immer wieder warf er einen besorgten Blick in den Rückspiegel und betrachtete seine Tochter, die stumm und in sich zusammen gesunken vor sich hinstarrte.
Was war nur mit seinem Äffchen geschehen?  

In Rekordzeit hatten sie Dannys Appartement erreicht. Hastig schloss er die Tür auf, warf seinen Schlüssel achtlos auf die Kommode neben der Tür und führte seine Tochter zum Sofa. Dann setzte er sich und zog das kleine Mädchen liebevoll auf seinen Schoß.
„Magst du mir erzählen, was dich bedrückt Äffchen?“, fragte er sanft und drückte Gracie noch ein wenig fester an sich.
„Onkel Steve hat mich nicht mehr lieb!“ brach es verzweifelt aus Grace heraus. „Er hat uns nicht mehr lieb! Er geht weg, er geht einfach weg!“
Vorsichtig schob Danny seine Tochter von sich und sah sie überrascht an. Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen und ihre großen braunen Augen blickten ihn tieftraurig an. Die Trostlosigkeit in ihrem Blick brach im fast das Herz.

„Wie kannst du nur so etwas denken, Äffchen? Natürlich hat uns Onkel Steve lieb! Und er geht auch nicht weg- davon hätte er uns doch bestimmt erzählt!“, antwortete er bestürzt.
„Doch! Er geht weg! Zur Navy, an Weihnachten! Und wahrscheinlich hatte er nie vor, uns etwas davon zu erzählen!“, rief sie trotzig und rutschte von Dannys Schoß. Eine Weile kramte sie in ihrem Rucksack und kam mit einem Blatt Papier zurück, das bestimmt einmal weiß gewesen war, nun aber mit etlichen lila Flecken übersät und ziemlich verknittert in seinen ausgestreckten Händen landete. Vorsichtig faltete er es auseinander und las sich jede einzelne Zeile wieder und wieder durch.

„Siehst du!“, rief Grace aufgebracht, als Danny das Papier mit vor Schreck geweiteten Augen in seinen Schoß sinken ließ. „Ich hatte Recht! Er mag uns nicht mehr!“
„Woher hast du diesen Brief, Gracie?“, fragte Danny und zog das Mädchen erneut an sich.

Und da brachen plötzlich alle Dämme. Grace begann erneut heftig zu weinen und erzählte, von tiefen Schluchzern geschüttelt, die ganze grausame Geschichte. Wie sie Steve in der Apotheke beim Faxen machen beobachtet und dabei vor Begeisterung den Blaubeermuffin, der eigentlich für ihn bestimmt war, zertreten hatte. Wie sie anschließend versucht hatte, ihr Missgeschick zu beichten und dabei von dem hupenden Autofahrer unterbrochen wurde. Wie sie den Brief wegen der vielen schönen Überraschungen einfach vergessen hatte und wie sie dann, ohne es zu wollen hinter Steves schreckliches Geheimnis kam und dass es dann irgendwann zu spät war, ihn mit dieser Tatsache zu konfrontieren.

Danny konnte nur erahnen, welche Qualen seine kleine Tochter in den letzten Tagen durchlebt haben musste und sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Er fühlte sich hilflos, überrumpelt und wusste im ersten Moment nicht so recht, was er tun sollte. Er war wütend, verdammt wütend, dass Steve wieder einmal Entscheidungen getroffen hatte, die nur für ihn selbst Sinn machten. Er war wütend, dass er niemanden, insbesondere ihn, in diese Entscheidungen einbezogen hatte. Er war wütend, dass Steve sich ganz offensichtlich nicht über die Tragweite seiner einsam und allein getroffenen Entscheidungen bewusst war.
Und außerdem war er wütend auf sich selbst, dass er seine Tochter, dieses kleine, tapfere 9-jährige Mädchen in dieser schwierigen Situation allein gelassen hatte.
Doch ganz offensichtlich brachte ihn seine Wut hier und jetzt nicht weiter. Nicht ein Stück.

Lange Zeit saß er einfach nur da und strich seinem weinenden Äffchen in kleinen Kreisen beruhigend über den Rücken. Irgendwann wurden die Intervalle zwischen ihren Schluchzern länger und auch der nicht enden wollende Tränenstrom schien langsam zu versiegen.

„Und was machen wir jetzt?“, nuschelte Grace schließlich an seine Brust. Langsam hob sie den Kopf und blickte ihren Dad aus roten und dick verquollenen Augen an.
Er zog ein Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche, wedelte damit vor ihrer Nase herum und antwortete:
„Jetzt putzt du dir erst einmal die Nase, dann waschen wir dir das Gesicht mit kaltem Wasser. Dann koche ich uns eine heiße Schokolade und wir überlegen gemeinsam, wie wir deinem Onkel Steve am besten von diesem Blaubeerbrief erzählen können. Dann fahren wir zu ihm nach Hause und bringen diese ganze verfahrene Kiste wieder in Ordnung!“  

Wenig später saßen sie zusammen am Esstisch. Vorsichtig pustete Grace in ihre dampfende Tasse, auf der sich unzählige, winzig kleine Marshmallows türmten. Sie sah den kleinen weißen Knubbeln nachdenklich zu, die langsam in der Schokolade versanken. Als die Tassen leer und ihre Bäuche mit Weihnachtsplätzchen gefüllt waren, nickten sie sich noch einmal verschwörerisch zu und verließen gemeinsam am frühen Abend das Haus.

Sie hatten Steve nicht vorher angerufen, sondern setzten alles auf den Überraschungsmoment. Der Silverado stand in der Auffahrt und Danny stellte seinen Camaro direkt dahinter ab. Sie klopften und warteten. Nichts geschah. Sie klopften noch einmal. Im Haus blieb es still.

„Steve? Steve, bist du da?“, rief Danny und machte sich mit Grace auf den Weg in den Garten. Vielleicht war er ja schwimmen.
„Danny? Ich bin hier!“, kam es dumpf aus der Garage und schon öffnete sich das große Tor. Steve kam mit einem nicht mehr ganz weißen T-Shirt und ölverschmierten Händen lächelnd zum Vorschein.

„Na das ist aber mal eine Überraschung! Hallo Krümelchen“, freute er sich ganz offensichtlich und wollte das kleine Mädchen in die Arme schließen. Nach einem Blick auf seine schmutzigen Hände überlegte er sich dies aber anders und stupste dem Kind nur einmal vorsichtig auf die Nasenspitze.
„Igitt!“, kicherte Grace und schielte auf den schwarzen Fleck, den Steves Ölfinger auf ihrer Nase hinterlassen hatte.
„Kommt rein! Ich geh mir schnell die Hände waschen und mir saubere Klamotten anziehen. Macht es euch in der Zwischenzeit gemütlich, ihr kennt euch ja aus. Gibt es übrigens einen besonderen Grund für euren unerwarteten Besuch?“

Grace und Danny wechselten schnell einen kurzen Blick und schüttelten dann synchron die Köpfe. Steve hob nur misstrauisch eine Augenbraue und verschwand im Laufschritt nach oben.
Kurze Zeit später kam er wieder nach unten. Grace erwartete ihn am Fuß der Treppe  
und wedelte nur geheimnisvoll mit einer Papiertüte, aus der ein rotweißer plüschiger Stoff herauslugte.

„Was ist das?“, fragte er neugierig.
„Das ist mein Kostüm“, grinste sie. „Ich bin der GRINCH!“, fügte sie noch mit tiefer Stimme hinzu und kicherte.
„Der Grinch, aha“, zuckte Steve nur ahnungslos mit den Schultern.
„Wir führen dieses Jahr in der Schule das Stück „Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat“ auf. Und Neal Jennings, der eigentlich den Grinch spielen sollte, hat sich heute Morgen das Bein gebrochen. Und jetzt bin ich der Grinch.“
„Das ist ja toll Krümelchen!“, strahlte Steve mit dem Mädchen um die Wette. „Ich gratuliere!“
„Aber ich habe ein Problem- ein ziemlich großes Problem sogar Onkel Steve“, murmelte Grace, zog geschäftig das Kostüm aus der Tüte und schlüpfte hinein. Unglücklich blickte sie ihn aus dem roten Anzug an, der wie ein Sack an ihr hinunterhing.
„Kannst du mir helfen?“
„Oha, mir scheint, dass dieser Neal Jennings ein wenig größer und kräftiger ist, als du, Kleines“, musste er sich das Lachen verkneifen. „Natürlich kriegen wir das hin- allerdings wirst du mir dabei helfen müssen.“

Kurze Zeit später hob Steve den kleinen Krümel auf einen Hocker und kniete sich davor. Konzentriert krempelte er die Hosenbeine auf und überprüfte immer wieder die Länge, bevor er den Stoff mit Stecknadeln befestigte. Danny saß grinsend auf dem Sofa und beobachtete als stummer Zuschauer dieses eigenartige Schauspiel.

„Kampft du mir mal erpfählen, um waf ef in diefem Pftück geht?“, fragte Steve undeutlich, den Mund voller Stecknadeln.  „If glaube, if erinnere mif nift mehr fo genau an den Inhalt.“

„Also- der Grinch ist ein Geschöpf mit grüner Haut, das allein und ein bisschen einsam in einer Berghöhle lebt. Er mag Weihnachten nicht und findet es blöd, weil er keine schönen Erinnerungen an das Weihnachtsfest hat. Als er ein Kind war, muss es ziemlich schrecklich für ihn gewesen sein. Deswegen verkleidet er sich als Weihnachtsmann und stiehlt den Bewohnern von Whoville alle Geschenke. Er ist gemein, ein kleines bisschen gemein.
Aber die Bewohner von Whoville lassen sich nicht ärgern und feiern trotzdem Weihnachten. Cindy Lou Who versucht dem Grinch aber zu zeigen, dass Weihnachten auch schön sein kann. Mit ihrer Hilfe erkennt der Grinch die Bedeutung des Festes, gibt allen Menschen die Weihnachtsgeschenke zurück und darf am Ende mitfeiern.“

„Mmmh!“, murmelte Steve nur und versuchte zu ignorieren, dass ihm die Geschichte des Grinch irgendwie seltsam bekannt vorkam.

„Kampft du mal pftillhalten, pfonoft piekfe ich dir noch eine Madel inf Bein?“, bat er das zappelnde Mädchen, dem das lange Stillstehen schwerfiel.
„So fertig!“ Zufrieden betrachtete Steve nach einer Weile sein Werk. „Dreh dich mal Krümel!“
Langsam drehte Grace eine vorsichtige Pirouette auf dem kleinen Hocker und sah glücklich an sich hinunter.  

„An den Schultern und am Bauch ist es immer noch etwas zu weit, aber das kaschieren wir einfach mit einem schwarzen Gürtel!“

Vorsichtig hob er das kleine Mädchen vom Hocker und half ihm beim Ausziehen. Dann legte er das Kostüm mit einem "Den Rest erledigen wir morgen!" zur Seite und sah die beiden fragend an.
„Müsst ihr schon wieder los, oder könnt ihr noch ein bisschen bleiben?“, wollte er unternehmungslustig wissen und rieb sich die Hände. Der Gedanke, den Freitagabend allein zu Hause zu sitzen gefiel ihm plötzlich gar nicht mehr.

„Eigentlich wollte ich mir mit Danno zusammen die DVD vom Grinch anschauen, aber das können wir auch hier bei dir tun, nicht wahr Danno? Ich hab sie zu-fäl-lig eingepackt“, kicherte Grace und zog grinsend die DVD aus ihrem Rucksack.
„So, so, zufällig, ja?“, hob Steve fragend eine Augenbraue.
„Ich kümmer mich um das Popcorn. Wer hilft mir?“
„Iiiich!“, rief Grace laut und flitzte an Steve vorbei in die Küche.

Wenig später waren aus der Küche die leisen Plop- Geräusche der platzenden Maiskörner zu hören. Ab und zu wurde ein etwas lauteres Ploppen mit begeistertem Kreischen und lautem Lachen kommentiert.
Danny saß lächelnd auf dem Sofa. Er war erleichtert, dass sein Äffchen wieder so fröhlich war, wie sonst und voll und ganz auf ihren gemeinsam ausgeheckten Plan vertraute. Eine Reservistenübung, an Weihnachten- was für eine Schnapsidee McGarrett!

Mit einer riesigen und übervollen Schüssel Popcorn kamen Steve und Grace nach 20 Minuten kichernd und mampfend aus der Küche.
„Haft du gewufft Danno, daff Onkel Pfteve Popcorn, daf auf der Pfanne fliegt, direkt mit dem Mund auffangen kann?“, schmatzte sie mit vollen Backen. Kleine Popcornkrümel fielen dabei zu Boden, aber das störte sie nicht.
„Nein, das wusste ich nicht Äffchen! Anscheinend hat unser SuperSEAL viele Talente, von denen ich noch nichts weiß! Vielleicht gehört das Einlegen einer DVD auch dazu?“
Steve schnappte sich die Hülle und ging zum Fernseher. Als er sich auf die Couch setzen wollte, wedelte Grace ihm mit einem bunten Stück Papier vor der Nase herum.
„Was ist das Krümel?“
„Das ist deine Eintrittskarte für das Theaterstück. Die allerbesten Plätze, ganz vorne in der ersten Reihe! Du kommst doch, oder?“
„Natürlich komme ich! Du kannst doch nicht wirklich glauben, dass ich mir die einmalige Gelegenheit entgehen lasse, dich in der Hauptrolle der Schulaufführung des Grinch zu bestaunen!“
, antwortete er empört. „Wann findet die Aufführung denn statt?“
„Am 23. Dezember. Das ist ein Samstag und du musst nicht arbeiten“, sagte Grace beiläufig und schob sich eine weitere Hand voll Popcorn in den Mund.

Urplötzlich war alle Farbe aus Steves Gesicht gewichen. Ein eisiges Band zog sich fest um seine Brust und nahm ihm den Atem. Er wollte ein kleines bisschen sterben, als er in die großen dunklen Augen des kleinen Krümels sah, die ihn erwartungsvoll anblickten.
„Ich… ich… ich muss mal schnell wohin“, stammelte er und stolperte aus dem Zimmer.
Zitternd lehnte er sich an die geschlossene Tür des Badezimmers und fuhr sich fahrig mit beiden Händen über das Gesicht.
Am 23. Dezember? Am 23. Dezember würde er aller Wahrscheinlichkeit nach schon irgendwo im Hindukush durch den trockenen Wüstenstaub robben und eine riesige Distanz zwischen sich und den kleinen Gracie- Krümel- Grinch gebracht haben, der in diesem Moment wohl mit seinem Schauspiel das gesamte Publikum in seinen Bann zog.  
Verdammt, was hatte er nur getan? Wie sollte er dies nur dem kleinen Mädchen erklären, ohne ihr das Herz zu brechen?

„Onkel Steve, wo bleibst du? Der Film fängt an!“, hörte er Grace aus dem Wohnzimmer rufen.
„Ich komme!“, murmelte er und ging zum Waschbecken. Er spritzte sich eine handvoll eiskaltes Wasser ins Gesicht und stützte sich schwer auf den Beckenrand. Sein kalkweißes Gesicht blickte ihn aus dem Spiegel an.
„McGarrett, du bist ein Vollidiot!“ spie er seinem Spiegelbild entgegen. Er hatte wirklich keinen blassen Schimmer, wie er diese Sache wieder in Ordnung bringen sollte.

Der Film hatte gerade begonnen, als Steve das Wohnzimmer betrat. Grace klopfte auf den freien Platz neben sich und steif ließ sich Steve auf das Sofa sinken. Er bekam vom Film nicht viel mit, lachte en den falschen Stellen und fühlte sich einfach nicht wohl in seiner Haut. Als der Abspann lief, lag Gracies Kopf schwer auf seiner Schulter. Sie schlief tief und fest, die Füße auf Dannys Schoß.
„Uh, ich glaube, der Krümel ist eingeschlafen“, flüsterte Steve leise. „Willst du mit ihr nach Hause fahren oder wollt ihr beide heute hier übernachten?“
„Es ist wohl besser, wenn wir sie schlafen lassen. Bringst du sie nach oben oder soll ich?“, sah Danny ihn fragend an.
„Ich mach das“, sagte Steve schnell, nahm das kleine Mädchen vorsichtig auf den Arm und trug es nach oben in ihr Zimmer. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen rollte sie sich zusammen und kuschelte sich tief in ihr Kissen. Liebevoll betrachtete er den schlafenden Krümel und strich ihm vorsichtig über den Kopf.
„Es tut mir leid Gracie!“, flüsterte er traurig, bevor er ihr einen Kuss auf die Stirn drückte und leise aus dem Zimmer schlich.

Das Wohnzimmer lag im Dunkeln, als Steve wieder nach unten kam. Die Terrassentür stand offen und er konnte Dannys dunkle Silhouette auf der Veranda erkennen.  
„Danke, dass du das alles für Gracie tust!“, sagte Danny leise und hielt seinem Freund eine Flasche Bier entgegen. „Mit ihrem eigenen Zimmer hier bei dir hast du ihr eine riesengroße Freude gemacht. Sie schaut zu dir auf, genießt jede Sekunde mit dir und liebt dich über alles. Manchmal könnte ich deswegen glatt ein bisschen neidisch werden, aber ich freue mich einfach nur über die tiefe Zuneigung, die ihr beide füreinander empfindet.“

Steve hatte bei Dannys ehrlichen und liebevollen Worten einen dicken Kloß im Hals. Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte und nahm beschämt einen großen Schluck aus seiner Flasche. Lange saßen die beiden Freunde schweigend nebeneinander und starrten hinaus aufs Meer. Ein Räuspern von Danny unterbrach die unangenehme Stille.
„Wann wolltest du uns davon erzählen?“, hörte Steve Danny vorwurfsvoll fragen.
„Wann wolltest du GRACE davon erzählen?“
„Wovon?“, tat Steve ahnungslos. Das unangenehme Kribbeln in seinem Magen jedoch ließ ihn nichts Gutes ahnen.
„Davon!“, sagte Danny bitter und schob ein zerknittertes und fleckiges Blatt Papier über den Tisch.

Zögernd streckte Steve die Hand danach aus und faltete es vorsichtig auseinander. Im fahlen Licht des Mondes konnte er mit vor Schreck geweiteten Augen erkennen, dass es sich um das Formular der Navy handelte. Betreten senkte er den Blick.

„Hör zu Steve, hier geht es nicht um mich. Hier geht es auch nicht um dich. Hier geht es einzig und allein um Gracie. Meine Tochter leidet Höllenqualen, seit sie durch einen schrecklich dummen Zufall hinter dein Geheimnis gekommen ist. Sie kann nicht verstehen, warum du vorhattest, heimlich still und leise über die Weihnachtsfeiertage und Sylvester zu verschwinden. Sie denkt, dass du sie nicht mehr lieb hast und fragt sich seit Tagen, womit sie dich so sehr verletzt haben könnte. Bring das verdammt nochmal wieder in Ordnung!“

Mit diesen Worten erhob sich Danny und legte seinem Freund noch einmal kurz die Hand auf die Schulter, bevor er zu seinem Auto ging und in die Nacht davon fuhr.
Den Kopf in die Hände gestützt saß Steve einfach nur da und lauschte dem Röhren des Motors, das langsam immer leiser wurde und schließlich ganz verklungen war.
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BeitragThema: Re: DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte   DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Icon_minitimeSo Dez 22, 2013 2:11 pm

So, 4. Advent und wir bringen die Sache langsam aber sicher zu einem guten Ende!  Zwinker 
Eine fette Angina hat mich die Woche auf die Matte geschickt, weshalb ich selbst nicht ganz zufrieden bin mit diesem Kapitel!
Aber ich konnte und wollte das Ende einfach nicht noch weiter hinauszögern!
Im Eifer des Schreib Gefechts hab ich allerdings die Aufführung vergessen.
DIE darf natürlich nicht fehlen, also gibt es an Weihnachten noch den Epilog!
Aber danach ist wirklich Schluss- ich schwör!  Zwinker 
Einen gemütlichen 4. Advent euch allen und viel Spaß beim Lesen.



Kapitel 4

Lange, sehr lange saß er einfach nur da, die Ellbogen auf den Knien, den Kopf in den Händen und völlig in sich zusammengesunken.
Ein unangenehmes Taubheitsgefühl kroch in ihm auf. Er spürte sich nicht mehr, seine Beine, seine Arme, sein gesamter Körper schien hohl und unendlich leer zu sein. Das ohrenbetäubende Hämmern seines eigenen Herzens, das in diesem Hohlraum nur noch lauter schlug, war das einzige Geräusch, welches er wahrnahm, wahrnehmen konnte. So verging Minute um Minute…
Langsam, nur sehr langsam nahm das Hämmern in seiner Brust ab, wehrte sich gegen Dannys Worte, die immer lauter an sein Ohr drangen:

„Hier geht es nicht um mich! Hier geht es auch nicht um dich!“

Doch, hier ging es um ihn. Hier ging es verdammt nochmal um ihn und seine grenzenlose Sturheit. Seine Unfähigkeit und vielleicht auch sein manchmal übermächtiger Stolz, Schwäche zuzugeben oder einfach nur ehrlich zu sein, was sein Seelenleben anging. Was hätte es ihn gekostet, Danny zu erzählen, dass er sich manchmal einsam fühlte? Dass er schlecht damit umgehen konnte, keine richtige Familie zu haben? Dass er genau aus diesem Grund an Weihnachten nicht hier sein wollte?
Nichts, gar nichts hätte es ihn gekostet. Danny trug sein Herz nun mal auf der Zunge und fand vielleicht nicht immer die richtigen oder gar passenden Worte. Aber es war ein riesengroßes Herz, welches sich da hinter seiner großen Klappe verbarg- und das hatte Steve in den Jahren ihrer Freundschaft zu schätzen gelernt. Er hätte ihm in dieser Hinsicht einfach mehr Vertrauen schenken müssen…

„ … und fragt sich seit Tagen, womit sie dich so sehr verletzt haben könnte!“

Diese Worte trafen ihn mehr als alles andere. Das kleine Mädchen war wirklich der allerletzte Mensch dem er irgendetwas Böses wollte. Er hatte sie mit seiner Unehrlichkeit verletzt, tief verletzt. Hatte ihr grenzenloses, kindliches Vertrauen in ihn missbraucht. Und dafür schämte er sich.
Natürlich hatte sie die Beweggründe seiner Entscheidung nicht gekannt, aber sie hatte sich ihre eigene, kindliche Wahrheit zurechtgebastelt, in der SIE für sein Weggehen verantwortlich war. Weil sie ihn durch irgendeine Nichtigkeit verletzt haben könnte und er sie deshalb nicht mehr lieb hätte…
Beim Gedanken daran, wie sich Gracie in den letzten Tagen mit diesem Gedanken gequält haben musste, schnürte es ihm die Luft ab.
Wie könnte er dieses kleine fröhliche Mädchen nicht liebhaben, das immer wieder in der Lage war, sein Herz in Sekundenschnelle zum Schmelzen zu bringen? Das sein Leben in den letzten Jahren komplett auf links gedreht hatte? Das ihm wichtiger war, als alles andere?
Er hätte es nie soweit kommen lassen dürfen…

Die Hände zu Fäusten geballt stand er auf der Veranda. Mit einem lauten Aufschrei fegte er das Glasgefäß mit der Kerze vom Tisch, welches mit lautem Klirren an der Wand des Hauses zerschellte. Ungeachtet der Scherben lief er mit weit ausholenden Schritten hinunter zum Strand, schneller, immer schneller rannte er durch den nassen Sand, bis sein Haus in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen war und er irgendwann völlig ausgepumpt und schwer atmend auf die Knie sank. Wie ein Ertrinkender versuchte er, so viel Sauerstoff wie nur irgend möglich in seine Lungen zu pumpen. Ihm war speiübel. Erschöpft ließ er sich auf die Seite fallen und ließ die anrollenden Wellen immer wieder an ihm lecken. Jegliches Zeitgefühl war ihm verloren gegangen.
Irgendwann tauchte vor seinem inneren Auge der kleine Krümel auf, der ihn mit großen traurigen Augen ansah.

`GRACE!`

Was, wenn das kleine Mädchen von seinem Wutausbruch aufgewacht war und nun völlig verängstigt nach ihm suchte?
Unbeholfen rappelte er sich auf und taumelte auf wackeligen Beinen zurück zum Haus. Es lag im Dunkeln und alles schien ruhig. Erleichtert trat er ins Wohnzimmer und knipste die Stehlampe an. Sein erster Gang ging in die Küche. Wasser- er brauchte dringend Wasser. Gierig setzte er die Flasche an die Lippen und hatte sie mit wenigen Zügen geleert. Erst jetzt bemerkte er die feine Blutspur, die sich bis in die Küche zog. Er sah hinunter auf seine nackten, sandverklebten Füße. Eine kleine Blutlache hatte sich unter seinem rechten Fuß gebildet.
„Verdammt!“, fluchte er halblaut als er den Schnitt betrachtete, den er sich bei seiner Kamikaze- Aktion zugezogen hatte.

„McGarrett, du bist wirklich ein Vollidiot!“

Vorsichtig band er sich ein Geschirrhandtuch um den verletzten Fuß und humpelte die Stufen hinauf ins Bad.
Nach einer langen und heißen Dusche besah er sich den Schnitt und stellte erleichtert fest, dass er nicht allzu tief war. Mit ein paar Klammerpflastern hatte er die Wunde fachmännisch versorgt. Erneut humpelte er nach unten, um die blutigen Spuren im Haus und das Chaos auf der Veranda verschwinden zu lassen. Dann holte er die Nähmaschine und machte sich an die Arbeit.

Erst lange nach Mitternacht war er mit dem Ergebnis zufrieden. Immer wieder hatte er eine krumme Naht aufgetrennt  und das Kostüm mit ein paar Extra Gimmicks versehen, schließlich sollte der Krümel- Grinch bei seinem großen Auftritt das Publikum verzaubern. Müde rieb er sich seinen verspannten Nacken. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung war nun getan. Trotzdem hatten seine Gedanken in den letzten Stunden ein seltsames Eigenleben entwickelt.

Würde Gracie ihm zuhören, wenn er versuchte, sich und sein Handeln zu erklären? Würde sie seine Beweggründe verstehen können?
Würde er ihr beweisen können, dass sie ein ganz wichtiger und großer Bestandteil seines Lebens war?
Würde sie ihm jemals wieder vertrauen können?


Er hatte keinen größeren Wunsch, als dass zwischen ihnen alles wieder so werden würde wie vor diesem… diesem Blaubeerbrief.  
Mit einem tiefen Seufzen löschte er das Licht und ging mit schweren Schritten hinauf ins Bett.

Ein Sonnenstrahl kitzelte Grace am nächsten Morgen an der Nase. Sie kniff die Augen noch ein wenig fester zusammen und kuschelte sich noch einmal in ihr Kissen. Sie wusste natürlich, wo sie war. Das gehörte schließlich zu ihrem Plan. Trotzdem beschlich sie ein leichtes Unbehagen, weil sie ein klitzekleines bisschen Angst hatte, Steve gegenüberzutreten. So sehr sie sich auch Mühe gab, der Schlaf wollte nicht mehr kommen.
Langsam drehte sie sich auf den Rücken und wackelte mit den Zehen, dann bog sie die Knie durch, dann kniff sie ein paar Mal die Pobacken fest zusammen, dann ließ sie ihre Finger knacken und schüttelte anschließend kräftig die Arme. Dann war plötzlich nichts mehr da, was sie sie wachschütteln oder wachwackeln konnte. Somit hatte sie auch keinen Grund mehr, liegen zu bleiben. Deshalb schwang sie die Beine aus dem Bett und tapste im Schlafanzug zur Tür.

Vorsichtig schob sie ihren Kopf ein wenig über das Treppengeländer und linste nach unten. In der Küche konnte sie Steve hantieren hören. Genießerisch schloss sie die Augen und hob ihr Stupsnäschen in die Luft. Es roch herrlich nach frischem Kaffee und Pancakes. Bestimmt wartete Steve bereits auf sie. Deshalb nahm sie einfach ihr Herz in die Hand und stieg langsam die Stufen hinunter ins Erdgeschoss. Am Fuße der Treppe blieb sie wie angewurzelt stehen. Verwundert rieb sie sich die Augen.

Da hing ihr Kostüm! Es war fertig!

Andächtig strich sie über den weichen Stoff. Erst jetzt bemerkte sie die kleinen goldenen Glöckchen die an der Jacke baumelten. Auch die großen, goldenen Knöpfe fielen ihr ins Auge. Schnell zog sie die Jacke vom Bügel, schlüpfte hinein und schloss die goldenen Knöpfe. Sie passte wie angegossen. Nichts war mehr zu groß und auch ein Gürtel war nicht mehr nötig.
Steve hatte heute Nacht gezaubert- er musste gezaubert haben. Oder die Hilfe von ganz vielen fleißigen Weihnachtswichteln gehabt haben.
Schnell zog sie auch die Hose über. Auch die saß perfekt. An den Knien waren liebevoll kleine Flicken aufgenäht und sogar eine Gesäßtasche hatte Steve aus dem übrigen Stoff geschneidert. Glücklich drehte und wendete sie sich vor dem großen Garderobenspiegel. Erschrocken hielt sie nach der dritten Umdrehung inne, als sie Steve bemerkte der im Türrahmen der Küche stand und sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht beobachtete.

„Was sagst du Krümelchen, gefällst du dir als Grinch?“
„Onkel Steeeeve!“, fiel Grace ihm glücklich in die Arme. „Es ist perfekt! Es ist einfach nur perfekt! Du bist der Beste, der Allerbeste, Onkel Steve!“
„Lass dich mal ansehen!“, schob er das hibbelnde Mädchen ein Stückchen von sich weg.

Grace drehte sich erneut um die eigene Achse und lief auf einem imaginären Laufsteg einmal den Flur entlang und wieder zurück. Dann warf sie sich in Modelpose und sah Steve mit glänzenden Augen an.

„Die vielen Glöckchen, die goldenen Knöpfe, die Flicken, die Hosentasche…! Ich glaube, der alte Plotter wird mich nicht wiedererkennen und gleich seinen nächsten Herzanfall bekommen!“, kicherte sie ausgelassen.
„Warum kannst du nur so gut nähen? Lernt man das bei der Navy?“
„Nein Krümelchen, da muss man seine Knöpfe mit der Hand annähen. Und die Fallschirme werden nicht von uns selbst repariert. Aber Maschinen, egal wie groß oder klein, haben mich schon immer interessiert. Und wenn meine Granny hinter ihrer Nähmaschine saß, habe ich ihr als Kind oft zugeschaut und den Geschichten gelauscht, die sie von meinem Großvater erzählt hat. Die Hosentasche hab ich dir übrigens genäht, damit du das hier darin verstecken kannst.“

Langsam öffnete er seine Faust. In seiner Handfläche lag eine alte Münze.

„Was ist das?“, fragte Grace neugierig und nahm das glänzende Geldstück vorsichtig an sich.
„Das ist mein Glücksbringer. Ich war ungefähr so alt wie du, als ich die Münze beim Schnorcheln im Meer entdeckt habe. Natürlich dachte ich, dass diese bestimmt Teil eines wertvollen Piratenschatzes ist. Doch so sehr ich auch gesucht habe, mehr dieser Münzen konnte ich einfach nicht finden. Du kannst dir vorstellen, wie enttäuscht ich war, als sich beim Saubermachen herausstellte, dass es nur ein alter Nickel war. Trotzdem hab ich ihn natürlich behalten und seitdem immer bei mir getragen. Er hat schon viel von der Welt gesehen.“

„Und nun willst du ihn mir schenken?“
, hob Grace fragend eine Augenbraue. „Brauchst du denn kein Glück mehr?“
„Natürlich, Glück kann man schließlich nie genug haben!“, antwortete Steve lachend.
„Aber ich dachte mir, du kannst bei deiner Aufführung ein klitzekleines bisschen Glück gebrauchen. Und Glücksbringer verleiht man nicht, man verschenkt sie. Und ich wüsste nicht, wem ich meinen Piratenschatz lieber schenken würde!“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
„Eine Überraschung hast du wohl noch gar nicht bemerkt!“
„Welche? Gibt es etwa noch mehr Überraschungen?“, machte Grace große Augen.

„Hier, siehst du?“, sagte Steve und deutete auf eine Stelle auf dem rechten Ärmel.
Ein kleines G und ein kleines D waren mit grünem Faden eingestickt.
„Und hier.“
Auf dem linken Ärmel waren ein G und ein S eingestickt.

„Grace und Danno? Grace und Steve?“, flüsterte das kleine Mädchen ergriffen.
„Damit du weißt, dass wir immer bei dir sind, falls das Lampenfieber allzu groß werden sollte. Streich dann einfach kurz über die Stelle und du spürst, dass wir beide im Publikum sitzen und schrecklich stolz auf dich sind!“
 
„Das… das… das ist einfach soooo schön, Onkel Steve! Danke! Für die zweite Weihnachtsüberraschung! Komm mal her“,
winkte sie mit dem Zeigefinger und zog Steve an seinem T- Shirt zu sich herunter. „Ich hab dich lieb, Onkel Steve!“, flüsterte sie ihm leise ins Ohr und drückte ihn zur Bekräftigung ihrer Worte einmal ganz fest an sich.
„Ich hab dich auch ganz schrecklich lieb, Krümelchen!“, murmelte Steve ergriffen in ihr Haar. Er wünschte sich, die Zeit möge für einen ganz klitzekleinen Moment stillstehen, damit er diesen ergreifenden Augenblick voll und ganz auskosten könne.

„Onkel Pfteve!“, kam es plötzlich dumpf von seiner Brust. „Haft du noch mehr Überrafungen? Irgendetwas riecht hier komisch!“, sah sie ihn naserümpfend an.
„HIMMEL, die Pancakes!!!“, entfuhr es ihm laut.

Dicker, schwarzer Rauch quoll aus der Küchentür. Hastig rannte Steve in die Küche, nahm die kokelnde Pfanne vom Herd, warf sie in die Spüle und drehte den Wasserhahn auf. Dann öffnete er alle Fenster und wischte sich theatralisch den Schweiß von der Stirn.
„Puh, das war knapp! Hast du etwas dagegen, wenn wir heute auf der Veranda frühstücken, Krümel?“
„Du hast Ruß im Gesicht, Onkel Steve!“,
kicherte Grace, die nach dem ersten Schreck schon wieder lachen konnte. „Ich zieh mich nur schnell um, dann decke ich draußen den Tisch!“, rief sie und sauste hinaus.

Nachdem sich der Rauch etwas gelichtet hatte, blickte Steve resigniert in die Spüle. Die Pancakes waren hinüber, ebenso die Pfanne. Schade drum, aber der Moment mit Grace eben war es allemal wert gewesen. Was war schon eine angekokelte Pfanne gegen ein glückliches Kinderlachen?  
Gut gelaunt machte er sich erneut an die Arbeit und rührte Eier, Mehl, Milch und Backpulver zu einem glatten Teig zusammen. Aus dem Schrank holte er eine neue Pfanne. Grace hatte sich inzwischen aus dem Kostüm geschält und flitzte geschäftig zwischen Veranda und Küche hin und her.
Wenig später saßen sie draußen an der frischen Luft unter dem Sonnenschirm.

„Mist, ich habe das Obst vergessen! Danno bringt mich um, wenn ich dir nicht genügend Vitamine vorsetze“, rief Steve und lief noch einmal in die Küche.

Er stellte einen Teller mit geschnittenen Früchten vor Grace auf den Tisch.

„Möchtest du etwas davon auf deine Pancakes, Krümel?“
„Mmmh, das sieht lecker aus!“
Eine Erdbeere wanderte direkt in ihren Mund.
Erschrocken hielt sie im Kauen inne, als sie die kleine Blaubeere entdeckte, die vom Teller gefallen war und nun über den Tisch kullerte. Vorsichtig schielte sie hinüber zu Steve.

Jetzt war wohl der Zeitpunkt gekommen! Der Appetit war ihr schlagartig vergangen.  
Auch Steve wirkte etwas unsicher, holte dann aber einmal tief Luft und zog etwas aus seiner Hosentasche, das verdächtig nach dem ominösen Blaubeerbrief aussah.

„Ich glaube, wir müssen miteinander reden, Krümelchen!“, sagte Steve leise.

Betreten senkte Grace den Blick.

„Hör mir zu Krümel“, sagte Steve leise und nahm ihre Hände fest in die seinen. „Bevor wir hier beginnen, möchte ich, dass du eines weißt. Du bist mit das Beste, was mir in meinem bisherigen Leben passiert ist. Ich habe dich schrecklich, schrecklich gern und genieße jede Sekunde, die wir beide miteinander verbringen. Du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und wirst es immer sein- egal was passiert.“

„Aber, aber warum wolltest du dann einfach verschwinden, ohne uns, ohne mir davon zu erzählen? Warum willst du an Weihnachten nicht bei uns sein?“
, brach es verzweifelt aus dem Mädchen heraus. Ihre großen braunen Augen blickten ihn traurig an, ihre Unterlippe bebte verdächtig und nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten.

Vorsichtig zog er den kleinen Krümel auf seinen Schoß. Sachte umschloss er sie mit seinen Armen und hielt sie eine Weile einfach nur fest.

„Weißt du“, begann er zögernd, „manchmal ist es nicht leicht, erwachsen zu sein. Am schwersten ist es dann, wenn das Weihnachtsfest vor der Tür steht. Als Kind mochte ich Weihnachten sehr gerne. Wenn alles irgendwie geheimnisvoll ist, man seit Wochen versucht hat herauszubekommen, welche Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen werden und wenn dann die gesamte Familie an Heiligabend zusammen ist. Mir ging es nicht anders, wie dir. Mit den Jahren ist meine Familie aber immer kleiner geworden, Mary ist auf dem Festland und kann nicht herkommen und auch meine Mom ist nicht hier. Und ich glaube, irgendwie war ich ein bisschen traurig darüber, das Fest nicht mit meiner eigenen Familie feiern zu können und fühlte mich deshalb ein wenig einsam.“

„Aber du bist doch nicht allein Onkel Steve!“, wurde er von Grace unterbrochen. Um ihren Worten Nachdruck zu verliehen, schmiegte sie sich noch ein wenig fester an seine Brust. „Danno ist hier und ich bin hier. Du gehörst doch zu uns und wir gehören doch zu dir! Sind wir nicht auch so etwas, wie eine kleine Familie? Wir haben uns doch lieb und kümmern uns umeinander- tut man das denn nicht in einer Familie?“

Steve starrte auf das kleine Mädchen hinunter, das ihm eben in diesem Moment mit ihren kindlich naiven Worten einen dicken, fetten Kloß in den Hals gezaubert hatte. Der kleine Krümel hatte das ausgesprochen, was er vielleicht schon immer gewusst aber einfach nur verdrängt hatte. Eine tiefe, warme Zuneigung für diesen kleinen und schrecklich klugen Krümel überrollte ihn, wie eine riesige Tsunamiwelle und er musste gewaltig schlucken, um diesen gewaltigen Kloß in seiner Kehle nicht weiter anwachsen zu lassen. Schnell räusperte er sich und fuhr dann leise fort:

„Vielleicht habe ich dies für einen winzigen Augenblick vergessen, Krümelchen, und ich schäme mich ein bisschen dafür. Jedenfalls dachte ich mir, dass es hier ein paar Kinder gibt, die sich schrecklich darüber freuen würden, wenn ihr Daddy an Weihnachten bei ihnen sein könnte. Deshalb habe ich mich zu dieser Übung gemeldet und wollte auch niemandem von meinem Fortgehen erzählen. Aber dieses Geheimnis machte mir schreckliche Bauchschmerzen, weil mir irgendwann klar wurde, dass ich Menschen verletzen könnte, die ich liebhabe- dass ich DICH verletzen könnte, Krümelchen. Und ich wollte dir damit ganz bestimmt nicht wehtun! Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich meine Entscheidung bereut habe. Doch der Brief befand sich mittlerweile auf der Post- das dachte ich zumindest. Kannst du mir vielleicht erzählen, wie du ihn gefunden hast?“

Zögernd nickte Grace.

„Da war dieser Blaubeermuffin, mit extra vielen Blaubeeren, den ich für Danno gebacken hatte. Der klebte irgendwann zusammen mit diesem Brief an meinem Schuh, als du in der Apotheke Faxen gemacht hast. Ich hab mich ein bisschen dafür geschämt, dass ich ihn so schmutzig gemacht habe und ihn deshalb in meinem Rucksack verschwinden lassen. Ich wollte ihn in einen neuen Umschlag stecken und dann ganz bald selbst zur Post bringen. Dann war Danno krank und ich durfte mit hierher zu dir. Du hast mir die Überraschung gezeigt, mein eigenes Zimmer, wir haben zusammen im Meer gebadet, Plätzchen gebacken und so viel Spaß gehabt- da hab ich den Brief einfach vergessen. Erst am Sonntag habe ich den Brief wiedergefunden, er klebte an meinem Mathebuch. Als ich ihn abmachen wollte, ist der Umschlag zerrissen und …
… ich wollte das nicht! Ich wollte das wirk-lich nicht! Ich weiß, dass man fremde Post nicht lesen darf- irgend so ein Ding- Geheimnis. Aber ich hab ihn trotzdem gelesen und…“
„… und gesehen, dass ich an Weihnachten nicht hier sein würde!“
Vollendete Steve ihren Satz. Schlagartig wurde ihm klar, dass ihn sein dumpfes Gefühl nicht getrogen und Grace tatsächlich etwas bedrückt hatte.

Vorsichtig linste Grace nach oben und betrachtete Steve, der mit gerunzelter Stirn hinaus aufs Meer blickte.
„Bist du… bist du nun böse mit mir, Onkel Steve?“

Erschrocken sah er das kleine, verunsicherte Mädchen auf seinem Schoß an.

„Gracie, Krümelchen, wie könnte ich dir nur böse sein? DU und dieser verflixte Blaubeermuffin, ihr seid doch der Grund dafür, dass ich an Weihnachten hier sein kann- hier bei euch!!! Du hättest mir kein größeres Weihnachtsgeschenk machen können!“ Er drückte dem Krümel einen dicken Kuss auf die Stirn und strich ihr liebevoll über den Kopf.
„Ich müsste böse auf mich sein, weil ich DICH mit meiner fixen Idee in diese dumme Lage gebracht habe. Es tut mir leid Gracie, von ganzem Herzen leid, dass ich dich so verletzt habe!“
„Wollen wir uns hier und jetzt etwas versprechen?“
„Was?“
„Dass wir von nun an immer die Wahrheit sagen und keine Geheimnisse mehr voreinander haben wollen? Naja, keine bösen oder schlechten Geheimnisse zumindest, denn was wäre Weihnachten ohne Geheimnisse?“


Grace blickte ihm tief in die Augen und nickte nur stumm.

"Pass auf, ich habe eine Idee!"
Vorsichtig hob er das kleine Mädchen von seinem Schoß.
„Warte hier, ich bin gleich zurück!“
Mit einem kleinen Holzschälchen und einem Feuerzeug in der Hand kam Steve wenig später wieder zurück.  
Er nahm sie bei der Hand und führte sie hinunter zum Meer. Am Strand setzte er sich in den Sand und deutete Grace mit der Hand, es ihm nachzutun. Dann zog er den Blaubeerbrief aus der Hosentasche und riss ihn in zwei Teile.
„Zerreiß deine Hälfte in winzig kleine Schnipsel! Siehst du, so!“, tat Steve geheimnisvoll und machte sich geschäftig an die Arbeit. Kurze Zeit später lag der verhängnisvolle Brief in kleinen Fitzelchen in der Holzschale vor ihnen.

„Und was machen wir jetzt?“, sah Grace ihren Onkel Steve fragend an.
„Du kennst doch das alljährliche Lantern Floating, oder Krümelchen? Menschen übergeben kleine Laternen mit Wünschen und Gebeten dem Ozean in der Bucht von Honolulu. Sie wird auch der `Ozean der Versöhnung und Verständigung` genannt. Wir zünden diesen schrecklichen Blaubeerbrief an und schicken ihn einfach auf eine große und lange Reise."

„Oh, das ist toll, Onkel Steve!“
, rief Grace und klatschte begeistert in die Hände. „Warte, da fehlt noch etwas!“

Mit einer lila Blüte kam Grace wenig später zurück und legte diese auf den kleinen Papierberg. Gemeinsam hoben sie die Holzschale ins Wasser. Grace hielt das Feuerzeug an den obersten Schnipsel und blickte fasziniert auf die kleinen Flammen, die schnell größer wurden. Hand in Hand schauten sie dem kleinen, brennenden Schälchen nach, das sich immer weiter von ihnen entfernte. Als es fast nicht mehr zu sehen war, ging Steve vor Grace in die Hocke und zog sie in eine lange und innige Umarmung.
 
„Ich hab dich lieb, Onkel Steve!“
„Ich dich auch, Krümelchen!“


Hand in Hand gingen die beiden langsam zurück zum Haus.
Ein lautes Knurren ließ die beiden erschrocken auseinanderfahren.
„Grace, was war das? Hast du etwa schon wieder ein Geheimnis vor mir und heute Nacht einen riesigen Hund bei mir eingeschmuggelt, der nun beleidigt hinter einem Baum sitzt und knurrt?“, fragte Steve mit hochgezogener Augenbraue.
Kichernd schüttelte Grace den Kopf.
„Ich glaube, das war mein Bauch. Er ist beleidigt, weil er so leer ist und nichts zu essen bekommt!“
„Dann sollten wir ihn schleunigst füllen, guten Appetit!“

„Oh, ich fürchte, die Pancakes sind kalt geworden. Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich mag keine kalten Pancakes, die schmecken wie alte Autoreifen. Können wir schnell neue machen, oder fällst du dann verhungert vom Stuhl?“
„Kalte Pancakes, pfui Teufel!“
, rümpfte Grace die Nase. „Wer zuerst in der Küche ist, darf den Teig rühren!“ Und schon war sie mit fliegenden Zöpfen im Haus verschwunden.

Es war schon Mittag durch, als Danny verzweifelt an die McGarrett`sche Haustür hämmerte. Doch niemand öffnete. Durch die offene Tür der Veranda gelangte er schließlich ins Haus und folgte dem lauten Kichern und den leisen Zischgeräuschen, die aus der offenen Küchentür an sein Ohr drangen. Gerade hatte er den ersten Fuß durch die Tür gesetzt, als mit einem lauten *PATSCH* ein kleiner Pfannkuchen direkt vor seinen Füßen landete.  
„Oh!“
Giggelnd hielt sich Grace den Bauch.

„Guten Morgen, Danno!“, rief Grace fröhlich und hüpfte ihrem Daddy entgegen.
„Guten Morgen? Wohl eher Mittag!“, brummte Danny und ließ seinen Blick über das kleine Schlachtfeld gleiten, das vorher wohl einmal eine Küche gewesen war.

„Ich weiß ja nicht wie es in der Familie Williams so üblich ist, aber bei den McGarretts wird für gewöhnlich angeklopft!“, hob Steve fragend eine Augenbraue.
„Angeklopft? Die Tür hab ich beinahe eingeschlagen, aber bei dem Lärm hier in der Küche wundert es mich nicht, wenn man mich einfach nicht gehört hat!“
„Was riecht hier eigentlich so komisch? Hat es bei dir gebrannt?“, fragte Danny und hob schnüffelnd die Nase in die Luft.

„Nö!“, riefen Grace und Steve unisono und stellten sich schützend vor die Spüle, in der immer noch die verkokelte Pfanne mit ihrem brikettartigen Inhalt lag.

„Kann man euch beide eigentlich überhaupt und irgendwann einmal beruhigt alleine lassen? Kann man? Nein kann man nicht!“, hob Danny theatralisch die Hände in die Luft.
„Andauernd muss man Angst haben, dass ihr etwas anstellt, das Haus abfackelt, auf einer einsamen Berghütte festsitzt, euch von gefährlichen…!“
„Willst du nicht schon einmal nach draußen gehen, Danno? Der Krümel und ich, wir kommen gleich nach und bringen frischen Kaffee und Pancakes, dann können wir endlich frühstücken!“
, schob Steve seinen grantelnden Freund zur Tür hinaus.
„Frühstück- dass ich nicht lache! Frühstück, um halb eins!“, hörten die beiden Danny vor sich hingrummeln, als sie sich kichernd wieder an die Arbeit machten.  

Wenig später saßen die drei gemütlich zusammen am Tisch und ließen sich das leicht  verspätete Frühstück schmecken.  
Liebevoll betrachtete Danny seine kleine Tochter, die mit roten Backen und glänzenden Augen von ihrem Kostüm erzählte, das Steve so liebevoll für sie geändert hatte. Der Knoten, den er seit dem gestrigen Tag in seinem Magen spürte, begann sich langsam aber sicher in Luft aufzulösen. Lange hatte er gezweifelt, ob es richtig gewesen war, Steve mit den nackten Tatsachen zu konfrontieren und dann einfach so zu verschwinden. Aber ganz offensichtlich hatte er seinen Freund in dieser Hinsicht unterschätzt.
Ertappt blickte Steve zu Danny hinüber und eine leichte Röte überzog seine Wangen. Einen kurzen Augenblick sahen sich die beiden schweigend an. Danny nickte ihm einmal kurz zu und Steve zwinkerte grinsend zurück. Worte waren hier nicht mehr nötig.

Nachdem wirklich jedes Krümelchen ratzeputz aufgefuttert war, lehnte sich Steve entspannt zurück. Grace hatte ihren Vater an der Hand ins Haus gezogen, um ihm ihr fertiges Kostüm vorzuführen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er die beiden im Inneren des Hauses fröhlich lachen hörte.

Er genoss diesen kurzen Moment der Stille, den er ganz für sich allein hatte. Die Anspannung, die unterschwellig in den vergangenen Tagen immer wieder an ihm gezerrt und gezogen hatte, war auf wundersame Art und Weise verschwunden. Er fühlte sich gelöst und- irgendwie schrecklich glücklich. Das erste Mal seit vielen Jahren verspürte er eine feine und herrliche Vorfreude auf das Weihnachtsfest, welches er gemeinsam mit Danny und Gracie hier in diesem Haus feiern würde.
Er war so froh, dass dieser unheilbringende Brief nie seinen Bestimmungsort erreicht hatte und das hatte er einzig und allein seinem Krümelchen zu verdanken. Seinem Krümel und einem Blaubeermuffin!

Eine kleine Blaubeere lag halb versteckt unter dem Rand seines Tellers. Mit zwei Fingern fischte Steve sie unter dem Rand hervor und ließ sie in seine geöffnete Handfläche kullern. Eine Weile betrachtete er das kleine lila Kügelchen, bevor er sich die kleine Schicksalsbeere lachend in den Mund steckte.


ENDE
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BeitragThema: Re: DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte   DER BLAUBEERGRINCH- Eine Weihnachtsgeschichte Icon_minitimeDo Dez 26, 2013 4:29 pm

Ohaaa!
Weihnachten ist fast schon wieder vorüber und beinahe hätte ich etwas vergessen-
den Epilog!
Ganz sicher bin ich mir nicht, ob ein Epilog nicht kürzer auszufallen hat. Sei`s drum!
Jetzt wird Weihnachten gefeiert!
Viel Spaß beim Lesen!  Zwinker 






Epilog

Der große Tag war endlich gekommen. Die Aula der Koko Head Elementary School war zum Bersten voll. Aufgeregtes Stimmengewirr ließ den großen Saal einem Bienenstock gleichen.
Der erste laute Gong war zu vernehmen und forderte die vielen Menschen auf, ihre Plätze einzunehmen. Das Licht wurde gedimmt. In wenigen Minuten würde die Vorstellung beginnen.
Unruhig rutschte Steve auf seinem Platz in der ersten Reihe herum. Der Platz neben ihm- Dannys Platz- war leer. Stirnrunzelnd blickte Steve sich um, aber von seinem Freund war weit und breit nichts zu sehen.
Der zweite Gong ertönte und der gesamte Raum lag nun völlig im Dunkeln. Nur leises Getuschel und ein lautes „AUA!“, gefolgt von einer gemurmelten Entschuldigung waren zu vernehmen. Kurze Zeit später plumpste Danny keuchend auf seinen Sitz.

Wo warst du verdammt noch mal!“, zischte Steve in Dannys Richtung. „Beinahe hättest du den Auftritt deiner Tochter verpasst!“
„Auf der Toilette, ich bin so verdammt aufgeregt! Mein Äffchen hat die Hauptrolle in der Weihnachtsaufführung…! Ich glaub, ich muss schon wieder!“
„Du bleibst gefälligst hier! Zwei mal innerhalb einer Viertelstunde sind genug!“,
flüsterte Steve und legte seinem Freund bestimmt und fest die Hand auf den Arm, der sich schon wieder aus seinem Sitz erhoben hatte.
Verwundert zog er die Stirn in Falten, als er die leichte Alkoholfahne bemerkte, die an seiner feinen Nase vorüberzog.
„Sag mal, hast du getrunken???“

Ein erbostes „Pssssssst!“ aus den hinteren Reihen ließ Danny jedoch eine Antwort schuldig bleiben. Mit zusammengekniffenen Lippen rutschte er lediglich ein wenig tiefer in seinen Sitz.

Auf der Bühne gingen die Lichter an. Die liebevoll gestaltete Kulisse der Grinchhöhle war zu bestaunen. Ein einzelner Spot strahlte auf den dunkelroten Samtvorhang, aus dem nun vorsichtig der kleine Krümel- Grinch seinen Kopf hervorstreckte. Dann polterte er auf die Bühne und die kleinen Glöckchen an seinem Anzug klingelten leise. Gebannt starrte Steve auf die Bühne. Er konnte die Augen nicht von seinem kleinen Krümel lassen, der das Publikum von der ersten Sekunde an in seinen Bann gezogen hatte.
Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als Grace bei einem klitzekleinen Texthänger kaum merklich über ihren Jackenärmel strich. Ein winziges Zeichen, dass wohl nur er unter den vielen Menschen im Saal richtig zu deuten wusste.

Mit angehaltenem Atem folgten Steve und Danny in der nächsten Stunde dem wunderbaren Schauspiel, welches sich ihnen auf der Bühne bot. Das kleine Mädchen spielte diese Rolle nicht nur, sie WAR der Grinch. Erst der tosende Applaus des enthusiastischen Publikums riss die beiden Männer aus ihrer gebannten Starre. Begeistert sprangen sie von ihren Sitzen und applaudierten mit stolz geschwellter Brust mit den anderen Zuschauern um die Wette.
„Mein Äffchen!“
„Mein Krümelchen!“

Ein kleines grün geschminktes Mädchen in einem rot weißen Plüschkostüm stand strahlend im Scheinwerferlicht und zwinkerte den beiden Männern in der ersten Reihe verschmitzt zu.

An Schlaf war an diesem Abend lange nicht zu denken. Viel zu aufgeregt und überglücklich hüpfte der kleine Krümel immer wieder durch Steves Haus. Mit einem grinch-grünen Kindercocktail und Bier stießen sie gemeinsam auf Gracies Erfolg an.
Danny, der vor der Vorstellung wohl einen Schluck zu viel aus seinem Flachmann in der Jackettasche genommen hatte, war irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen. Fürsorglich hatte Gracie eine Decke über ihren leise schnarchenden Daddy ausgebreitet. Und irgendwann waren auch ihre Akkus leer und gähnend krabbelte sie auf Steves Schoß.

„Das ist bis jetzt mein allerschönstes Weihnachtsfest, obwohl es noch nicht einmal Weihnachten ist, Onkel Steve!“, flüsterte sie und schmiegte sich eng an seine Brust.
„Soll ich dir was verraten, mein Krümelchen? Mir geht es gerade genauso!
Du… du warst heute so herrlich auf der Bühne, du hast mich wirklich verzaubert“
, stammelte Steve ergriffen, „und auch mir den Glauben an das Weihnachtsfest zurückgegeben- ich bin so wahnsinnig stolz auf dich! Danke Krümel!“
Ein gemurmeltes „Hab dich lieb!“, war die Antwort, bevor das kleine Mädchen endgültig ins Land der Träume entschwand.


An Heiligabend herrschte im Hause McGarrett aufgeregtes Treiben. Steve hatte, zur großen Überraschung von Gracie und Danny, einen Tannenbaum besorgt, den sie am Vormittag gemeinsam aufstellten. Grace übernahm das Schmücken, das war schließlich Aufgabe der einzigen Frau im Haus. Männer hatten dafür doch kein Händchen, wie sie den beiden erstaunten Männern mit ernster Miene mitteilte. Geschäftig sauste sie immer wieder um den Baum, hängte hier eine Christbaumkugel in die Zweige und band dort ein farbiges Schleifchen an einen Ast. Mit einer kleinen Trittleiter, die Steve ihr aus der Garage geholt hatte, reichte sie sogar an die oberen Zweige. Nur den Stern, der hoch oben auf der Spitze thronen sollte, konnte sie nicht ohne Hilfe anbringen.

„Onkel Steve, kannst du mir bitte einmal helfen? Der Stern muss noch an die Spitze, dann bin ich fertig!“

Vorsichtig hob Steve den kleinen Krümel auf seine Schultern und gemeinsam brachten sie den goldenen Stern an der Christbaumspitze an.
Gemeinsam betrachteten sie anschließend ihr Werk. Der Baum war perfekt- perfekt und einfach nur wunderschön, die vielen bunten Kugeln spiegelten sich im Licht der Christbaumkerzen und funkelten wie kleine Diamanten. Einmal mehr schickte Steve ein schnelles Stoßgebet in den Himmel und dankte allen möglichen Göttern für die Erfindung der Blaubeermuffins…

„So, ich muss nun noch schnell meine Geschenke einpacken!“, tat Grace geschäftig und flitzte hinauf in ihr Zimmer! „Nicht spickeln! Auch nicht durch`s Schlüsselloch!“, wedelte sie mahnend mit dem erhobenen Zeigefinger, bevor sie hinter der geschlossenen Tür ihres Zimmers verschwunden war.

Da alle drei wenig Ahnung hatten, wie man eine Weihnachtsgans zubereitet, hatten sie in der Vorwoche beschlossen, das zu tun, was die Männer am besten konnten- Grillen. Auch wenn dies etwas unkonventionell und wenig weihnachtlich war. Und so stand Danny am frühen Abend in feinem Zwirn und der Krawatte, die ihm Grace im letzten Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte, mit fliegender Zange am Grill. Steve kümmerte sich in der Küche um den Rest, während Gracie den Tisch deckte und festlich dekorierte.
Wenig später saßen sie gemeinsam am Tisch. Noch bevor Grace sich mit knurrendem Magen das erste Würstchen von der Platte schnappen konnte, räusperte sich Steve und erhob die Stimme:

„Bevor wir anfangen zu essen, wollte ich euch beiden noch etwas sagen. Ich weiß, dass ich manchmal Entscheidungen treffe, über die ich selbst vielleicht nicht immer ganz glücklich bin. Manchmal nehmen sie erfreulicherweise einen guten Ausgang. Eine Entscheidung habe ich jedoch nie bereut- euch beide in mein Leben zu lassen! Das ist das wohl das größte Glück, das mir in meinem Leben widerfahren ist! Fröhliche Weihnachten Krümelchen! Fröhliche Weihnachten Danno!“
„Fröhliche Weihnachten, Onkel Steve!“
, rief Grace grinsend und lief einmal um den Tisch, um ihren Onkel Steve einmal schnell zu drücken.
„Fröhliche Weihnachten, altes Hasenhirn!“, grinste auch Danny und wedelte mit seiner Gabel. „Können wir jetzt endlich anfangen?“

Nach dem Essen hing Dannys Krawatte achtlos über der Stuhllehne und die ersten Hemdknöpfe waren geöffnet. Auch Steve hatte sich der guten Schuhe, die schrecklich eng waren und drückten, schon lange verstohlen unter dem Tisch entledigt, mitsamt den Socken, für die es ohnehin viel zu warm war. Zufrieden lehnte er sich zurück und wackelte er mit den nackten Zehen.

„Wie sieht es aus Krümelchen? Geschenke?“  
„Oh jaaaaaaa!“,
rief das kleine Mädchen begeistert aus und hüpfte aufgeregt von ihrem Stuhl.

Lange hatte er mit Danny diskutiert, ob ein Surfboard für den kleinen Krümel das Richtige wäre. Ein richtiges Hawaiimädel musste surfen- das war Danny nur schwer beizubringen. Doch irgendwann waren seinem Freund die stichhaltigen Argumente ausgegangen und Steve hatte ihn mit siegreichem Grinsen nach der Arbeit in den Surfshop geschleppt. Dort hatte Danny dann grummelnd noch den passenden Wetsuit besorgt und sich insgeheim schon schrecklich auf die strahlenden Augen seiner Tochter beim Auspacken gefreut.  

Mit lautem Freudengeheul fiel der kleine Krümel abwechselnd seinem Daddy und Steve und  wieder ihrem Daddy um den Hals, als sie die beiden großen Geschenke ausgepackt hatte.
„Ich darf surfen? Danno, ich darf wirklich surfen? Ganz in echt?“, fragte sie ungläubig und wickelte sich aufgeregt ihren Zopf um den rechten Zeigefinger.
„Natürlich darfst du!“, antwortete Steve schnell, noch bevor Danny den Mund aufmachen und piep sagen konnte. „Morgen nach dem Frühstück gibt es die erste Stunde, Krümelchen!“
Noch einmal fiel das kleine Mädchen ihrem Onkel Steve um den Hals.

„Danke! Danke, danke, danke!“, flüsterte sie leise an seine Halsbeuge.
„Gerne geschehen, Gracie!“, murmelte Steve in ihr Haar und versuchte, in diesem Moment nicht allzu rührselig zu werden.

„Ich hab hier auch noch etwas für dich! Hoffentlich gefällt es dir, Onkel Steve!“
„Was ist das?“,
fragte Steve neugierig und drehte und wendete das kleine Päckchen unsicher in seinen Händen.
„Pack es aus!“, kam es gleichzeitig von Danny und Grace.

Vorsichtig wickelte Steve das Geschenk aus. Ein dickes Album kam zum Vorschein.

„Gracie und Onkel Steve“, stand in kindlichen Lettern auf dem Einband. Gebannt blätterte er sich durch die vielen Seiten. Etliche Photos zeigten ihn und das kleine Mädchen in vielen glücklichen Momenten, mal nur zu zweit, mal zusammen mit anderen. Aber auf jedem einzelnen Bild strahlten die beiden um die Wette. Ihm wurde schrecklich warm ums Herz als er sich Seite um Seite durch das dicke Buch arbeitete. Ergriffen klappte er es am Ende vorsichtig zu und wischte sich verstohlen eine klitzekleine Träne aus dem Augenwinkel.

„Danke Krümelchen!“, murmelte er überwältigt und ging vor dem kleinen Mädchen in die Knie. „Ich weiß… ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll!“, murmelte er mit rauer Stimme und nahm Gracie einfach nur fest in den Arm.

Wenig später klopfte es an der Tür. Verwundert runzelte Steve die Stirn und blickte zu Grace und Danny, die nur gespielt ahnungslos die Schultern hoben.
„Erwarten wir noch Besuch?“  
„Mele Kalikimaka!“ Tönte es ihm fröhlich entgegen, als Chin, Kamekona und Kono durch die geöffnete Tür traten.
„Du hättest mir sagen können, dass es sich bei deiner ominösen Einladung um Danny und Gracie handelt!“, zwinkerte Kono ihm zu und strich ihm im Vorbeilaufen kurz über die Wange.
Etwas verdutzt schloss Steve die Tür und blieb noch einen Moment reglos im Flur stehen. Er sah Danny und Chin, die sich herzlich umarmten und Gracie, die Kono mit glühenden Wangen ihre Geschenke vorführte.

Eine wohlige Wärme breitete sich in seinem gesamten Inneren aus.
Ein bisschen fühlte es sich doch wie Familie an.
NEIN, nicht nur ein bisschen-
DAS HIER WAR FAMILIE, DAS WAR OHANA!


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Quelle mcdannoarmy.tumblr.com
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