"Bittersweet Symphony"
Heute bin ich mal dran...fühlt sich gut an die Geschichte zu posten Ihr lieben Feeback Schreiber und auch alle anderen Leser: Wir sind soo glücklich, dass euch das Märchen gefällt...Kapitel 06 – „My ( Guardian) Angel“
Alex riss heftig zuckend die Augen auf. „Was?“
Beth wedelte mit ihrer Kleinen Hand vor seinem bleichen Gesicht: „Ich hab gefragt ob alles in Ordnung ist? Du warst plötzlich so... weggetreten.“
Sie hielten an einem Stand mit Lebkuchenherzen. „Oh schau mal ist das nicht toll?“ rief Beth, die Herzen durchwühlend. Ihre Hand griff nach einem Herz, in dessen Mitte in großen Zuckerbuchstaben 'Mein Engel' geschrieben stand.
„Na, ihr zwei“, schaltete sich der Besitzer des Süßigkeiten-Stands von seinem Platz hinter der Zuckerwatte Maschine ein: „Frisch verliebt, stimmts?“
Alex blickte skeptisch drein und Beth sah aus, als würde sie nicht verstehen was damit gemeint war. Ihre Hand blieb an dem Lebkuchenherz und sie betrachtete wie verzaubert die kleinen Verziehrungen aus zuckeriger Masse. Der Verkäufer lachte: „Ha! Das seh ich euch zwei doch an der Nasenspitze an!“ Er beugte sich zu Alex herüber: „Ich schenke euch eins, aber nur weil deine Freundin so süß wie ein Engel ist….Nichts für ungut, Mann“, zwinkerte er ihm zu und schlug dann mit der flachen Hand einmal herzhaft auf Alex Schulter. Leicht verwirrt stolperte dieser einen Schritt vorwärts auf seinen Engel zu. Beth hatte bereits das Geschenkband, an dem das Herz hing vom Haken genommen und strahlte über beide Ohren.
Freundin? dachte Alex und für einen Moment sah er dieses Geschöpf vor sich mit anderen Augen. Ganz kurz war sie keine fleischgewordene Sagenfigur sonder einfach nur eine wunderschöne junge Frau. Seine Wangen wurden heiß als er ihr das Herz aus der Hand nahm um es ihr umzulegen. Ein verträumtes Grinsen schlich sich in sein Gesicht.
Für den Bruchteil einer Sekunde trafen seine Fingerspitzen ihren Nacken.
Beth durchströmte ein wohliges Kribbeln und sie wünschte sich seine Hände länger zu spüren. Sie wollte nicht, dass dieses Gefühl verschwand, doch dann zog er die Finger wieder weg, ihrer Meinung nach viel zu schnell und beendete das Knistern damit. Ein wenig enttäuscht spielte sie mit ihrem Lebkuchenherz. „Danke“, sprach Beth kaum hörbar. Alex trat einen Schritt zurück um seinen Engel zu begutachten aber wurde im selben Moment unsanft von hinten angestoßen. Der Weihnachtsmarkt hatte sie in der letzten halben Stunde mit Feierwilligen gefüllt und das Gedränge wurde größer. Ohne es verhindern zu können wurde sein Körper an ihren gedrückt und er blickte mit einem entschuldigenden Lächeln zu Beth hinab. „Danke nicht mir, danke ihm“, sagte Alex während er auf den netten Verkäufer zeigte. „Und, wo soll es jetzt hingehen, mein Engel?“ fragte er und tippte dabei auf den Zuckerschriftzug des Lebkuchenherzchens.
Beth’ Wangen färbten sich rosig, sie wusste nicht warum, aber ihr gefiel es, wenn er sie so nannte. Sein Engel.
Vor Verlegenheit fing sie an zu stottern, was Alex richtig niedlich fand. „ Ich... also... ich glaub ich...“, sie schaute sich suchend zwischen den Ständen um und schließlich fand sie wonach sie gesucht hatte. Einen Stand mit Getränken. Heiße Schokolade!
„ Da!“, rief sie, mit dem Finger zu dem Holzhäuschen zeigend „ Heiße Schokolade. Lass uns was trinken.“ Alex nickte wobei seine Mundwinkel nun schon wieder leicht nach oben rückten.
Ich tue ihm gut! Er lächelt, dachte Beth stolz. Offenbar war sie doch nicht so ein schlechter Engel.
Auf dem Weg zum Getränkestand war Beth so sehr damit beschäftigt mit ihren Gefühlen zu kämpfen, die sie gleichermaßen verwirrten, als auch ängstigten, dass sie gar nicht merkte, wie Alex plötzlich stehen blieb und mit weit aufgerissenen Augen einen Mann anstarrte. Der Mann trug einen langen edlen Mantel, vermutlich Kaschmir. Darüber einen roten Seidenschal und...
„ Josef!“, rief er, sich hektisch durch die Menschenmenge kämpfend.
Hoffnung glitzerte in seinen Augen. War das wirklich sein bester Freund Josef?
Mit großen Schritten wich er den Körpern aus, die sich ihm schimpfend in den Weg stellten. Alex Herz raste so wild, dass er seine guten Manieren vergaß und einfach weiter lief. „ Josef!“, schrie er ein weiteres Mal. Die Passanten machten eine Gasse und ließen ihn durch. Doch dort, wo er den Mann gesehen hatte, stand Niemand mehr.
Seine Lungen brannten vor Anstrengung, keuchend zog er die frische Luft ein und ließ fiebrig den Blick über den Platz schweifen. Doch nirgendwo war eine Spur von dem vermeintlichen Mann, den er für seinen besten Freund hielt. Langsam begriff Alex wie dumm er war.
Das war er nicht. Das war nicht Josef. Warum auch? Wieso sollte er gerade jetzt hier auftauchen, nach all der Zeit. Sicher hat er mich längst vergessen.
Alex wurde wütend, weil er so naiv war zu glauben, Josef wäre zu ihm zurück gekehrt.
Wütend aber auch traurig. Unsagbar Traurig.
In seinen Augen drohten Tränen aufzusteigen, gegen die er ankämpfen musste.
Doch als die nächste Erinnerung in ihm wach wurde, hatte er den Kampf verloren und wand beschämt den Blick zu Boden, damit Beth nicht seine feuchten Augen sah.
Josef war jeden Tag zu ihm gekommen. Von Anfang an hatte die beiden etwas verbunden. Es gab Menschen die waren einfach füreinander bestimmt. Nicht nur in der Liebe traf dieser Spruch zu, sondern auch in der Freundschaft. Mit jedem weiteren Augenblick den er an seiner Seite verbrachte, fand er ein Stückchen mehr von der Freude die aus seinem Leben gerissen worden war. Alex konnte endlich wieder lachen, Spaß haben. Zwar würden die Wunden auf seiner Seele niemals vollständig heilen und es würde dauern, aber mit Josef war das warten erträglich. Er gab ihm das Gefühl etwas Besonderes zu sein. Dabei brauchte er nicht einmal viel tun. Es genügte, wenn er einfach da war.
Eines Abends- es waren einige Jahre vergangen- lud Jos, wie Alex ihn liebevoll nannte, ihn zu sich ein. Sie wollten einen Abend unter Männern verbringen.
Alex lebte nicht mehr auf der Straße, mit Josefs Hilfe hatte er sich eine kleine Einzimmer Wohnung in der Stadt nehmen können.
Josefs zu Hause hingegen war Luxus. Das traf es wohl auf den Punkt. Josef war ein Mann im Wohlstand, er hatte Geld und er schien nicht damit zu geizen. Er wohnte in einem zweistöckigen Loft in den gehobenen Vierteln von Pittsburgh. Josef hatte all das, wovon Alex nur träumen konnte und dennoch war er überhaupt nicht arrogant. Gab sich Gastfreundlich und zuvorkommend.
Alex hatte auf einem der drei weißen Sofas Platz genommen. Sein Blick glitt durch das Panoramafenster und verlor sich in dem atemberaubenden Anblick der Hochhäuser. Ein glitzerndes Meer aus Freiheit. Endlose Freiheit.
Josef besaß keine Freunde. Die Leute die er kannte waren bloß mit ihm zusammen, weil sie sein Geld mochten. Alex war anders. Er mochte Josef. Den Mann, als seinen Freund und nicht des Geldes wegen. Die beiden kannten sich nun schon einige Jahre und sie hatten Höhen und Tiefen überlebt. Für Alex war er mit der Zeit zu dem großen Bruder geworden, den er nie hatte.
Diesen Abend aber, wirkte Josef nicht so wie sonst. Er schien bedrückt zu sein, als würde ihn etwas belasten.
„ Jos, als ich dich kennenlernte war ich sechszehn jetzt bin ich sechsundzwanzig. Das ist eine wirklich lange Zeit. Du kannst mir nichts vormachen, also was ist los? Warum so traurig? Ist wer gestorben?“
Josefs Mund verzog sich zu einem traurigen Lächeln. Ich bin gestorben. Schon vor langer Zeit
, dachte er bitter. Dann stieß er einen tiefen Seufzer aus und schaute Alex an„ Ich werde eine Weile weg müssen Kleiner.“
Kleiner. So hatte er ihn schon immer genannt.
„Wie lange?“ fragte sein Freund den Blick vom Fenster lösend. Josefs braunen Augen wurden eine Spur dunkler. „Ich weiß es nicht... eine Weile...“Das war der letzte Abend an dem Alex ihn gesehen hatte. Danach war er einfach aus seinem Leben verschwunden und bis heute nicht mehr aufgetaucht.
Alex Blickfeld wurde ganz verschwommen, als sich zwei zierliche Arme von hinten um seine Mitte legten.
„Hey... ist alles okay?“, erklang Beths besorgte Stimme.
„ Nein.“ Er entwand sich hastig ihrer Umarmung. „Beth, die heiße Schokolade muss warten…jetzt brauche ich erstmal was Hochprozentiges!“, sagte er zittrig und raste los.
Alex blinzelte die Emotionen weg. Er war schon immer gut darin gewesen seine Gefühle nicht nach außen zu zeigen, also schluckte er die drohenden Tränen runter. Doch obwohl er ein Meister der Verdrängung war ließ sich die Tatsache, dass er seinen besten Freund so sehr vermisste, dass es wehtat, manchmal nicht ignorieren. So wie in diesem Augenblick. Und das alles nur wegen diesem verdammten Weihnachtsmarkt, diesen Gerüchen und Geräuschen und dem Licht der Weihnachtsbäume, welches seine Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit mit Josef wachrüttelte. Alex drehte sich um.
Wo war Beth? Er hatte sie in dem Getümmel ganz aus den Augen verloren. Für einen Moment war er erleichtert, dass der süße Engel scheinbar wieder davon geflattert war doch in der nächsten Sekunde reckte er den Hals und durchsuchte die Menge nach einem blonden Lockenschopf. Sie konnte nicht einfach verschwunden sein. Schließlich war er ihr Auftrag und sie sein Engel. Sein persönlicher Engel….
Erleichtert erblickte er durch die dicken Mäntel und Jacken der Besucher das Lebkuchenherz, welches um ihren Hals baumelte. Er sah, wie sie am gegenüberliegenden Glühweinstand angeregt mit der Wirtin diskutierte. Der begeisterte Ausdruck in ihrem Gesicht schien die Besitzerin des Standes zu erheitern. Und auch Alex merkte wie sich ein Lächeln in seinem Gesicht breit machte, als er sich langsam durch die Menge zu der blonden Erscheinung durchkämpfte.
„Alex, du musst das hier probieren. Es ist das Köstlichste was ich je getrunken habe“, berichtete Beth fast euphorisch. Alex zog eine Augenbraue nach oben und nippte an dem dampfenden Becher den Beth ihm vor das Gesicht hielt. Es war Glühwein mit einem ordentlichen Schuss Rum. „Schmeckt das nicht fantastisch?“ fragte sein Engel überschwänglich.
Die Wirtin rührte mit einer großen Kelle durch den dampfenden Topf voller Wein und Nelken und anderen weihnachtlichen Gewürzen. „Junger Mann. Ihre Freundin hat Geschmack. Wie wäre es mit noch einem Becher?“
„Sie ist nicht….“, Alex stockte und blickte zu Beth hinüber. Schon wieder! Er fühlte sich geschmeichelt, dass die Standbesitzerin ihm so eine hübsche Persönlichkeit als Freundin zutraute. Aber mal ehrlich. Keine irdische Frau, die so gut aussehend war wie Beth würde sich länger als zwei Sekunden mit ihm abgeben. „Wir nehmen noch zwei!“ antwortete Alex und zwinkerte der Wirtin zu.